Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema "SPD in der Krise":
Bielefeld (ots)
Angela Merkel kann sich beruhigt auf ihren Sommerurlaub freuen. Am 26. Juli geht es auf die Insel Ischia im Golf von Neapel. Sie kann deshalb so entspannt sein, weil ihr politischer Gegner sich in einem länger andauernden Sommerschlaf befindet. Die SPD hat sich von der Pleite der Europawahl immer noch nicht erholt. Herausforderer Frank-Walter Steinmeier ist nach wie vor blass. Auch seine kämpferische Rede beim Parteitag vor zwei Wochen hat die SPD nicht aus dem Tal der Tränen geführt. Im Gegenteil: Steinmeier und seine SPD befinden sich weiter im Sturzflug. Der Kanzlerkandidat der SPD ist derzeit kein Gegner für Angela Merkel. Gleich welche Eigenschaft der beiden Politiker auf den Prüfstand kommt: Merkel hat fast überall die Nase vorn. Ob in Fragen der Wirtschaftskompetenz, Führungsstärke oder selbst beim Blick auf die Kernkompetenzen in der Außenpolitik ist Außenminister Steinmeier gegen die Regierungschefin chancenlos. Das belegt eine repräsentative Umfrage. Selbst Eigenschaften wie Volksnähe, Ehrlichkeit und Sympathie verbinden die Befragten stärker mit Merkel als mit Steinmeier. Die SPD befindet sich in einem Dilemma. In Steinmeier haben die Sozialdemokraten nicht den Kämpfertypen, der - wie einst Gerhard Schröder - Merkel attackiert und die Partei mitreißt. Und wenn Steinmeier es könnte, würde er sich selbst ein blaues Auge holen. Denn immerhin sitzt er mit der Kanzlerin in einem Regierungsboot. Die Abteilung »Attacke« würde man Steinmeier auch deshalb übel nehmen, weil es in Tagen wie diesen Wichtigeres zu tun gibt, als die politische Keule zu schwingen. Auch die sozialdemokratischen Themen fehlen und die Köpfe, die das Ruder herumreißen könnten, ebenso. Scholz, Tiefensee, Gabriel und wie sie alle heißen - bis auf Finanzminister Peer Steinbrück, der nur noch Schuldenberge verwaltet, sieht ein angriffslustiges Team, das Merkel & Co. die Stirn bietet, anders aus. Der linke Flügel der SPD lauert schon und schwingt die Säbel. Hier wird der Plan für den Fall des Scheiterns bei der Bundestagswahl bereits geträumt. Und der könnte einen Linksruck vorsehen. An der Spitze der neuen SPD würde Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit stehen, der in der Hauptstadt als amtsmüde gilt und »linksaußen« geübt ist. Und damit der Richtungsstreit endgültig vorbei ist, geht die neue SPD auf Schmusekurs mit der Linkspartei. Rot-roten Bündnissen auf Landesebene hat Franz Müntefering ja bereits seinen Segen gegeben. Klaus Wowereit genießt und und hat Steinmeier just nach seiner kämpferischen Rede beim Bundesparteitag demonstrativ den Rücken gestärkt: »Der Außenminister hat eine hervorragende Arbeit gemacht. Er ist wegen seiner Kompetenz und Ausstrahlung sehr beliebt bei der Bevölkerung.« - Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.
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