Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Angela Merkels Besuch in den USA:
Bielefeld (ots)
Ein deutscher Regierungschef muss sich nicht ranschmeißen an einen US-Präsidenten. Da mag dieser weltweit noch so beliebt sein. Doch wer in Berlin das Sagen hat, muss guten Kontakt nach Washington haben. Dafür hat Angela Merkel am Freitag viel getan. Die freundliche Atmosphäre eines Rosengartens, in dem die Pressekonferenz mit Barack Obama bei besserem Wetter stattgefunden hätte, brauchte sie nicht. Für das, was zu erreichen war, hat die Zuverlässigkeit, die Merkel auf internationaler Bühne ausstrahlt, wieder einmal ausgereicht. Es waren ein Stück weit Vorschusslorbeeren, als die deutsche Bundeskanzlerin gleich zu Beginn ihres USA-Besuchs in der prächtigen Kongress-Bibliothek mit dem Warburg-Preis für Verdienste um das transatlantische Verhältnis geehrt worden war. Ähnlich ist die Einladung für eine Rede vor beiden Häusern des US-Kongresses zu verstehen. Der deutsche Gast sollte sich des Respekts der US-Regierung sicher sein. Die Zumutungen in den Sachverhandlungen kamen früh genug. Die US-Diplomaten wussten, wie sehr sie Merkel damit entgegenkamen. Denn das Bedürfnis einer großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist klar: Wir mögen Obama, also soll er uns, soll er auch unsere Repräsentantin auf der Weltbühne ebenfalls mögen. Da hat der Regierungswechsel in Washington viel bewirkt. Ob George W. Bush Sympathien für sie hegte, war den meisten Deutschen egal. Die Diskussion um einen angeblichen zwischenmenschlichen Fehlstart von Obama und Merkel, als sie den damaligen Präsidentschaftskandidaten nicht am Brandenburger Tor sprechen ließ, hat das Interesse für dieses schon vierte Treffen der beiden erhöht. Aber der Wunsch nach Emotionen überlagerte zeitweise die Beschäftigung mit den Sachaufgaben der beiden. Doch die nüchterne Physikerin und der redegewandte Jurist haben den Schwerpunkt wie erwartet wieder auf der Geschäftsebene gesetzt. Hilfst du, Merkel, mir im Iran, in Afghanistan und beim Guantánamo-Problem, dann helfe ich, Obama, dir beim Klimaschutz - so rational wirkte die Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses über den großen Teich hinweg. Da mag der US-Präsidentin noch so die »Weisheit« seiner Besucherin loben, mag sie als »smart« und »pragmatisch« preisen - da mag Merkel aus »Dreams of my father« (»Träume meines Vaters«), den Erinnerungen Obamas zitieren: Es wirkt bemüht. Wir werden uns wohl damit abfinden müssen, dass diese beiden Regierungschefs sich nicht ständig umarmen. Auch, weil der kühl kalkulierende Außenpolitiker Obama eben nicht der mitreißende Yes-we-can-Obama der US-Innenpolitik ist. Für Merkel hat das einen Vorteil: Sie muss sich emotional nicht umstellen, wenn sie nach ihrer Rückkehr dem Rest der CDU ihr Zugeständnis in der Guantánamo-Frage erklärt. Wieder ganz nüchtern.
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