Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Iran
Bielefeld (ots)
Der Protest wird leiser. Geheimdienste, Revolutionsgarden und Polizei haben im iranischen Gottesstaat durch Gewalt und Unterdrückung ihre uneingeschränkte Herrschaft wieder hergestellt. Immer weniger Demonstranten wagen sich auf die Straßen, um den offensichtlichen Betrug bei den Präsidentschaftswahlen anzuprangern. Demonstrationen sind weitgehend verboten, das Internet wird zensiert, der Handy-Verkehr gestört, weil das Regime Angst vor dem eigenen Volk hat. Tausende von mutigen Iranern sitzen nach den Protestmärschen in dunkeln Gefängniszellen. Viele von ihnen müssen mit der Todesstrafe rechnen: Mit Gegnern kennen Mullahs keine Gnade. Und gerade aus diesem Land kommt ein Protest, wie er scheinheiliger kaum sein könnte. In Teheran werfen Studenten Eier in Richtung deutscher Botschaft und skandieren »Tod für Deutschland«. Irans Präsident Mahmud Ahmadineschad versucht aus dem Tod eines Menschen Kapital zu schlagen. Eine Ägypterin war in Dresden von einem offenbar ausländerfeindlichen Deutschrussen während einer Verhandlung in einem Dresdner Gerichtssaal erstochen worden. Ahmadineschad ermuntert die UNO, gegen Deutschland wegen des Gerichtsmordes Sanktionen zu erlassen. Typisch Diktator, der ein Feindbild sucht, um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Es ist nicht zu entschuldigen, wenn in einem Gerichtsaal ein Angeklagter eine Zeugin erstechen kann - unter den Augen von Polizei und Justiz. Die Bluttat eines einzelnen Wahnsinnstäters wird hoffentlich dazu führen, dass die Sicherheit in deutschen Gerichten verbessert wird. Es gibt nichts zu beschönigen: Der Ägypterin wurde ihre Courage zum Verhängnis. Marwa el-Scharbini hat sich nicht geduckt, stand zu ihrem Glauben, hat ihn mit dem Tragen eines Kopftuches öffentlich gemacht und ließ sich nicht von einem Pöbler beleidigen. Auch wenn es für sie zu spät ist: In Deutschland beginnt ein neues Nachdenken über Fremdenfeindlichkeit im Alltag. Menschenrechte müssen für alle gelten. Und die tritt Ahmadineschad mit Füßen. Er lässt Andersdenkende in Kerker werfen, verweigert Angeklagten juristischen Beistand, lässt sie hinrichten. 140 Minderjährige sind im Iran zum Tode verurteilt. Allein gestern wurden 13 angebliche sunnitische Rebellen durch den Strang getötet. Seit Samstag stehen sieben Angehörige der religiösen Minderheit der Bahai vor Gericht. Ihnen droht die Todesstrafe. In Iran müssen Andersgläubige um ihr Leben fürchten. Andersdenkende auch: Neda Agha-Soltan wurde im Internet zur Ikone des iranischen Widerstands. Die junge Studentin wurde erschossen, weil sie gegen Betrug bei der Präsidentenwahl demonstrierte. Und was sagt das Regime dazu? Ausländische Medien sind schuld. Typisch Diktatur.
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