Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Neuen Grippe
Bielefeld (ots)
Urlauber sollen sich nach Ansicht des Centrums für Reisemedizin CRM nicht von der Schweinegrippe abschrecken lassen. Das Schweinegrippe-Virus sei inzwischen weltweit verbreitet, deshalb sei es egal, ob man sich in Deutschland, Spanien oder in den USA aufhalte. Nachgeschoben wird noch die Empfehlung, im Urlaub Menschenansammlungen zu vermeiden. Robinson Crusoe lässt grüßen. Ein schwacher Trost, angesichts einer möglichen Grippe-Pandemie. Viele Menschen sorgen sich - zurecht. Panikmache sollte aber tabu sein. An Hysterie grenzt der Vorschlag eines britischen Bischofs, Kirchen sollen kein Weihwasser mehr verwenden, und Kirchgänger nicht mehr aus dem Abendmahlkelch trinken. Und bei Hausbesuchen, die der Seelsorge dienen, sollten Priester Handschuhe, Gesichtsmaske und Schürze tragen. In Deutschland muss noch niemand einen Gesichtsschutz tragen. Wir müssen aber den Tatsachen ins Auge sehen. Die Schweinegrippe wird nicht so plötzlich wieder verschwinden, wie sie über uns gekommen ist. Die Patientenzahlen werden im Herbst deutlich steigen. Die Gesundheitsämter werden in absehbarer Zeit überlastet sein. Nach den jüngsten Zahlen der EU-Seuchenbehörde EDC sind bislang mehr als 120 000 Menschen an Schweinegrippe erkrankt. Es gibt aber eine hohe Dunkelziffer. 589 Patienten sind gestorben. In Deutschland sind mit Stand von gestern 834 Schweinegrippe-Fälle registriert. Zum Vergleich: Bei einer normalen Grippewelle sterben in Deutschland im Jahr bis zu 30 000 Menschen. Hiervon wird kaum Kenntnis genommen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat gestern die größte freiwillige Impfaktion der Bevölkerung seit fast 50 Jahren angekündigt. 25 Millionen Bürger werden in einer ersten Welle im Herbst geimpft, damit bei einer Pandemie Sicherheit und Ordnung gewährleistet sind und das Gesundheitswesen weiter funktioniert. Hinzu kommt der Schutz von chronisch Kranken. Wichtig ist es jetzt, dieses freiwillige Angebot anzunehmen. Nur so ist der persönliche Schutz und der Schutz der Mitmenschen vor einer Ansteckung zu gewährleisten. Angesichts der Schätzungen, dass es bei einer Erkrankungsrate von 15 Prozent der Bevölkerung 48 000 zusätzliche Todesfälle gibt, ist eine Debatte über Sinn und Unsinn von Schutzimpfungen eindeutig fehl am Platze. Das Deutschland auf die Neue Grippe gut vorbereitet ist, ist keine politische Floskel. Wir sollten Vertrauen in unser Gesundheitssystem haben und uns vor Überreaktionen, wie Hamsterkäufen von Medikamenten sowie die Einnahme von Arzneien ohne ärztliche Verordnung hüten. Wir müssen wenn nötig Eingriffe in die Grundrechte akzeptieren, wie Verbote von Großveranstaltungen und somit die Einschränkung des öffentlichen Lebens. Dann werden wir auch die Schweinegrippe überstehen.
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