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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Tour des France

Bielefeld (ots)

Was war denn das? Kein Dopingfall, kein Skandal,
keine Radsport-Betrüger in Handschellen - und die Tour de France 
schon wieder in Paris? Doch dass dieses Mal nur Saubermänner 
unterwegs waren, wird noch nicht einmal der naivste Sportsfreund 
unterstellen.
Nach elf skandalträchtigen Jahren, in denen Drogenkuriere geschnappt,
Spitzenreiter aussortiert, Bergkönige abgeführt und unappetitliche 
Blutpanschereien bekannt wurden, ging es beim größten Radrennen der 
Welt dieses Mal ums Image: Die Tour wollte raus aus der 
Schmuddelecke. Deshalb gaukelten die Veranstalter eine schöne heile 
Radsportwelt vor, in der die Kontrollen die Betrüger verschreckt 
haben und alles wieder gut ist - oder zumindest auf dem Weg dorthin. 
Sie verordneten Doping für die Augen.
Kapituliert hatten die Franzosen bereits, als sie dem siebenfachen 
Gewinner Lance Armstrong, um dessen positive Proben von 1999 es immer
noch Diskussionen gibt, und seinem Astana-Team den roten Teppich 
ausrollten. Auch der neue Triumphator Alberto Contador gehört dieser 
Equipe an: Im Vorjahr war er wegen Verbindung zum Dopingarzt Dr. 
Fuentes geächtet worden, jetzt war sein Start kein Problem.
Apropos Contador: Seine Dominanz macht besonders nachdenklich. So 
stellte der 28-Jährige auf dem Weg in den Skiort Verbier einen 
Weltrekord der besonderen Art auf und legte in einer Stunde fast 1900
Höhenmeter zurück. Das hatte zuvor noch nie ein Radfahrer aus den 
Pedalen herausgeholt. Und dann besiegte dieser schmächtige Spanier 
plötzlich im Zeitfahren den Olympiasieger Fabian Cancellara, der in 
dieser Spezialdisziplin als Bester seiner Zunft gilt. Die offenen 
Fragen wollte Contador aber nicht beantworten. Zum Thema Doping 
schweigt er ohnehin am liebsten oder sagt Dinge wie diese: »Die Tour 
ohne Dopingfall - das ist ein Sieg für den Radsport, der auf dem 
richtigen Weg ist.«
Die Aufführung einer dopingfreien Tour de France könnte auch als 
eines der größten Sport-Schauspiele des Jahres in die Geschichte 
eingehen, vielleicht aber war sie nur ein Vorgeschmack auf den Sport 
der Zukunft: Nichts sehen, nichts hören und gar nicht drüber sprechen
- dann macht es allen wieder Spaß.
Nur wir Deutschen müssen noch dazulernen. Anderswo klappt das bereits
besser: Spanien stellt den Tour-Sieger, Frankreich hat eine 
skandalfreie Top-Veranstaltung, nur wir gehen mit verdienten 
Sportlern wie der Eisschnelllauf-Queen Claudia Pechstein hart ins 
Gericht. Aber auch wir sind lernfähig: Die dopinggeplagten deutschen 
Reiter haben sich in dieser Woche selbst einen Persilschein 
ausgestellt, die Biathleten schmetterten gestern in Eigenregie alle 
Vorwürfe gegen ihren Bundestrainer ab.
Und wenn - wie jetzt bei dem anderen großen Radrennen, dem Giro 
d'Italia - vier Wochen nach dem Wettkampf aus Doping-Gründen die 
Rangfolge doch noch geändert wird, stört das die heile Welt nicht 
mehr. Dann haben alle ihr Geschäft gemacht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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