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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Rücktritt von Franz Josef Jung/Merkels Kabinettsumbildung

Bielefeld (ots)

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte
ihren loyalen Arbeitsminister am Ende nicht mehr retten. Vieles 
spricht sogar dafür, dass sie den ehemaligen Verteidigungsminister 
gebeten hat, das Handtuch zu werfen, bevor sie es für ihn tun muss.
Franz Josef Jung hat die richtigen und überfälligen Konsequenzen aus 
der Tanklaster-Affäre gezogen. Als Minister - in welchem Amt auch 
immer - war er nicht mehr zu halten. Zu gravierend sind die Vorwürfe 
gegen ihn, zu groß die peinlichen Informationspannen im 
Bundesverteidigungsministerium. Ein Bundesminister, der entweder 
öffentlich lügt (»ich habe die Öffentlichkeit korrekt über meinen 
Kenntnisstand informiert«) oder aber sein Haus nicht im Griff hat 
(»niemand hat mich informiert«), ist auf einem der wichtigsten Posten
des Landes nicht mehr zu verantworten. Dennoch verdient sein 
Rücktritt Respekt. Dass ihm der Schritt nicht leicht gefallen ist, 
hat man ihm in seiner 120 Sekunden dauernden Rücktrittsrede deutlich 
angemerkt.
Gut, dass Karl Theodor zu Guttenberg ein Bundespolitiker ist, der 
sein Handwerk versteht. Er ist genau der Minister, dem man das 
Versprechen einer »lückenlosen Aufklärung« auch abnimmt. Denn auch 
nach Jungs Rückzug ist die Tanklaster-Affäre noch längst nicht 
aufgearbeitet. Das Informationsdesaster bleibt. Somit muss in den 
Fall Kundus schnellstens Klarheit - wenn nötig auch mit Hilfe eines 
Untersuchungsausschusses. Die Union sollte daran ein Interesse haben,
selbst wenn die Opposition daraus politisches Kapital schlagen will.
Angela Merkel hat am Freitag schnell gehandelt. Während die 
Opposition bereits den Jung-Rücktritt feierte und Merkel schlechtes 
Krisenmanagement vorwarf, drehte sie den Spieß um und holte zum 
klugen Konter aus. Die Bundeskanzlerin hat mit ihrer 
Kabinettsumbildung und den Personalentscheidungen mehrere Fliegen mit
einer Klappe geschlagen.
Ursula von der Leyen ist eine sichere Bank. Auch als 
Arbeitsministerin wird sie eine starke Rolle in der schwarz-gelben 
Regierung spielen. Der eigentliche geniale Schachzug ist aber die 
Verpflichtung einer jungen Frau, die keiner auf dem Zettel hatte. Dr.
Kristina Köhler, 32 Jahre alt, hessische Bundestagsabgeordnete, gilt 
als großes Talent in der CDU. Sie ist jung, gebildet und könnte mit 
neuen Ideen und einem unverbrauchten Blick die Familienpolitik 
bereichern. Ob die ledige Frau ohne Kinder, die in politischen 
Kreisen als »Kohls Mädchen II« gilt, Familienministerin Ursula von 
der Leyen jedoch ersetzen kann, bleibt abzuwarten.
Wenn Merkels Trumpf Köhler sticht, ist sie die große Gewinnerin. Wenn
nicht, ist der holprige Start der schwarz-gelben Regierung endgültig 
komplett.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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