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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Ladenschlussurteil:

Bielefeld (ots)

Selbst Gott hat sich, nachdem er die Welt
erschaffen hat, einen Ruhetag gegönnt. Nur Menschen wollen - oder 
sollen - am liebsten rund um die Uhr arbeiten. Angesichts der 
Herausforderungen, die die Wirtschaftskrise nach sich zieht, sollte 
man das vielleicht befürworten. Dennoch hat das 
Bundesverfassungsgericht der unbegrenzten Arbeitszeit in einem 
kleinen Bereich einen Riegel vorgeschoben - und das zu Recht.
Seit Beginn der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in den 
achtziger Jahren hat sich vieles zum Positiven verändert:
Die Verbraucher kommen nun auch am Sonntagvormittag in den Genuss 
frischer Brötchen. Und geht in der Woche am Abend das Salz aus, muss 
man keine Tankstelle ansteuern, um das Abendessen noch zu retten. 
Arbeitnehmer, die erst nach 19 Uhr aus dem Büro kommen, müssen keine 
Gaststätte aufsuchen, um nicht zu verhungern. Und wer ein neues Sofa 
kaufen will, muss zum Probesitzen keinen Urlaub nehmen: Er kann sich 
in aller Ruhe samstags bis zu zwölf Stunden im Möbelhaus umsehen.
Dörfer und Städte wiederum profitieren von den vier verkaufsoffenen 
Sonntagen, die in Nordrhein-Westfalen und in ähnlicher Weise in 
anderen Bundesländern von den Kommunen eingerichtet werden. Da 
treffen sich die Bürger, da ist mal was los.
 Verkaufsoffene Sonntage und Aktionen wie Mitternachts-Shopping 
beleben Kaufhäuser und Fachgeschäfte. Davon profitieren allerdings 
nur die Aktiven, die die Impulse annehmen. Branchenweit sind die 
Umsätze in den vergangenen Jahren zurückgegangen.
Positiv auch: Die Liberalisierung hat zusätzliche Arbeitsplätze 
geschaffen - zu Zeiten, da Jobsuchende früher vor verschlossenen 
Toren standen. Auf der Seite des Handels schlagen die Jobs natürlich 
als Kosten zu Buche.
Doch nicht deshalb ist es an der Zeit, einer totalen Freiheit bei den
Ladenöffnungszeiten Grenzen zu setzen. Gerade hat uns die Finanzkrise
daran erinnert, dass es andere Werte geben muss als den Kommerz. 
Außer Gott braucht auch der Mensch einen festen Ruhetag, der nicht 
Beliebigkeit anheim fallen darf. Abgesehen davon, dass der Sonntag 
bei den Christen in besonderer Weise ausersehen ist, Gott und die 
Auferstehung seines Sohnes zu feiern, profitieren auch Nichtgläubige 
davon, dass es einen Tag gibt, an dem man Freunde und Verwandte 
besucht oder Gleichgesinnte trifft - an dem man gemeinsam nachdenkt 
oder feiert, jedenfalls Dinge tut, für die während der Woche keine 
Zeit ist.
Seit es mehr als zwei Fernsehsender gibt und seit sogar die 
Fußball-Bundesliga den Samstagnachmittag als feste Anstoßzeit 
weitgehend aufgeweicht hat, gibt es nicht mehr viel, was die deutsche
Gesellschaft noch in großen Teilen vereinigt. Die Tagesschau sowie 
sonntagsabends Tatort und Anne Will allein reichen nicht aus.
Ora et labora hat der Heilige Benedikt seinem Orden als Regel 
mitgegeben. Bete und arbeite - alles mit ganzem Herzen und alles zu 
seiner Zeit.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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