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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zum Sorgerechts-Urteil

Bielefeld (ots)

Das Beste, was einem Kind passieren kann, ist
die Liebe und Fürsorge seiner Eltern. Mit seinem Urteil stärkt der 
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Rechte lediger Väter, 
die nach deutschem Recht im Kampf um ihr Kind bislang leer 
ausgegangen sind.
Väter ohne Sorgerecht bleiben bislang in Deutschland im Regen stehen.
Auf dem Papier haben sie nicht einmal das Recht, telefonisch Kontakt 
zu ihrem Kind aufzunehmen oder sich in der Schule über die Leistungen
ihres Nachwuchses zu informieren. Natürlich kann es im Einzelfall 
richtig sein, den Vater von seinem Kind fernzuhalten. Genauso aber 
gibt es Mütter, die man Kindern lieber nicht zumuten sollte.
 Das Urteil schafft mehr Gleichheit zwischen ledigen Müttern und 
Vätern. Gleichzeitig schwächt es - zumindest rechtlich - die 
Bedeutung der Ehe, wenn auch ledige Väter künftig Erfolg im Kampf um 
das gemeinsame Sorgerecht haben. Doch man kann hehre Wünsche haben, 
wenn nüchterne Zahlen belegen, dass in Deutschland jede dritte Ehe 
geschieden wird. Wenn sich Paare heute gegen eine Ehe entscheiden, 
heißt das längst nicht mehr, dass sie sich damit für die 
Verantwortung für Kinder disqualifizieren.
Neben Österreich, der Schweiz, Malta und Liechtenstein ist 
Deutschland das einzige Land in der EU, dass noch an diesem 
archaischen Sorgerecht festhält. Für ein Land, das sich als weltoffen
und modern verkaufen will, wird es allerhöchste Zeit, das zu ändern. 
Positive Beispiele für eine Anpassung an moderne Lebensumstände sind 
durch Reformen im Familienrecht wie dem seit 2008 geltenden neuen 
Unterhaltsrecht gegeben. Danach haben Alleinerziehende im Regelfall 
nur noch während der ersten drei Lebensjahre des Kindes Anspruch auf 
Betreuungsunterhalt, danach müssen sie wieder arbeiten gehen. Beim 
Zugewinnausgleich wird im Falle einer Scheidung das in der Ehe 
erworbene Vermögen jetzt gleichmäßig verteilt. In die Ehe 
mitgebrachte Schulden können nicht mehr verrechnet werden. Auch der 
neue Versorgungsausgleich schafft gleiche Bedingungen für Frauen und 
Männer.
 Eine Reform des deutschen Sorgerechts muss jetzt der nächste Schritt
sein.
Das Straßburger Urteil sollte dennoch kein Freifahrtschein sein. Dass
es Väter gibt, die nicht in der Lage sind, ein Kind großzuziehen, 
muss von den Gerichten im Einzelfall berücksichtigt werden. Nicht 
vergessen werden darf, dass sich viele ledige Väter gar nicht für 
ihre Kinder interessieren. In diesen Fällen ist das Sorgerecht bei 
der Mutter am besten aufgehoben.
Umgekehrt gilt: Ist die Mutter unfähig, für ihr Kind zu sorgen, kann 
der Vater die Rolle des Erziehers übernehmen.
 Wenn ein lediger Vater aber das gemeinsame Sorgerecht haben möchte, 
wenn er mit seinem Kind gute Tage erleben und schlechte Zeiten 
überstehen möchte, kann das für das Kind das größte Glück sein. Und 
nur das ist maßgeblich.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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