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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Bildungsgipfel

Bielefeld (ots)

Mehr Geld für die Bildung: Das ist gut und
richtig. Bund und Länder sind dafür zu loben, dass sie trotz maroder 
Staatsfinanzen weitere Milliardensummen aufbringen wollen. Die 
Ergebnisse des zweiten Bildungsgipfels gehen aber über wohlfeile 
Absichtserklärungen nicht hinaus. Zu sehr belastete der ungelöste 
Steuerstreit das Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin.
Dabei besteht ja grundsätzlich Einigkeit: Deutschland braucht mehr 
denn je kluge Köpfe, die sich im globalen Wettbewerb mit pfiffigen 
Ideen hervortun. Einfache Arbeitsplätze für Un- und Angelernte wird 
es hierzulande immer seltener geben, weil sie im internationalen 
Vergleich zu teuer sind. Bildung ist der Schlüssel, der in auch in 
Zukunft Wohlstand erschließt.
Doch die Bildungsminister springen längst nicht mehr so weit, wie sie
es noch im vergangenen Jahr versprochen hatten. Von jährlich bis zu 
60 Milliarden Euro mehr war beim ersten Bildungsgipfel die Rede. 
Jetzt sind es nur noch 13 Milliarden - deren Finanzierung ungelöst 
bleibt. Außerdem dürfen auf diese Summe Kosten angerechnet werden, 
die mit Bildung wenig zu tun haben: Pensionsausgaben für Lehrer und 
Professoren, ja sogar die Kita-Gebühren, die von den Eltern gezahlt 
werden. »Das sind Taschenspielertricks«, erboste sich der sächsische 
Kultusminister Roland Wöller (CDU).
Mit Geld allein ist es ohnehin nicht getan. Der zweite Bildungsgipfel
offenbarte abermals den Geburtsfehler des deutschen Bildungswesens: 
16 Ministerpräsidenten, die das Sagen haben, und eine 
Bundeskanzlerin, die Geld geben darf, sich ansonsten aber 
heraushalten soll. So kommt es, dass Deutschland ein Schulsystem hat,
das an Aberwitz weltweit seinesgleichen sucht.
Beispiel Grundschulzeit: Die dauert in Berlin künftig grundsätzlich 
sechs Jahre, anschließend folgt die »integrative Sekundarschule«. Es 
sei denn, ein Kind will ein humanistisches Gymnasium besuchen. Dann 
bleibt es bei vier Jahren Grundschule. Hamburg verlängert die 
Grundschulzeit gerade auf sechs Jahre, während Bremen zur 
vierjährigen Grundschule zurückkehrt. Die Liste solcher sich im 
Kreise drehenden Reformen ließe sich beliebig verlängern.
Ebenso verworren erscheint das Hochschulsystem. Auch hier kann jedes 
Bundesland eigene Vorgaben machen oder - wie in Nordrhein-Westfalen -
die Hochschulfreiheit ausrufen und damit der Zersplitterung der 
Studiengänge weiteren Vorschub leisten. Die Proteste gegen die 
verkorkste Bachelor-Reform zeigen zwar Wirkung, doch außer 
Reparaturen im Detail führen auch sie zu nichts.
Deutschland braucht eine Bildungsreform, die ihren Namen verdient. 
Ein Bildungssystem aus einem Guss, das sich an pädagogischen 
Maßstäben und nicht am Weltbild der wechselnden Landesregierungen 
ausrichtet. Eine Reform, die mit der chronischen Reformitis Schluss 
macht.
Eine solche Reform aber ist weit und breit nicht in Sicht. Die 
Bildungsrepublik Deutschland bleibt eine Utopie.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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