Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Nahost-Friedensgesprächen
Bielefeld (ots)
Freiwillig kommt zu diesem Diner niemand. Selbst wenn der Einlader Barack Obama heißt, und zum Auftakt einer neuen Nahost-Friedensrunde für Anfang September zu sich ins Weiße Haus einlädt. Die Amerikaner mussten erneut mit Dollarscheinen winken und mit dem Liebesentzug drohen, damit die Runde mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmut Abbas überhaupt zustande kommt. 18 Monate lang herrschte Funkstelle zwischen den Parteien, und wer genau hinhört, spürt die Zurückhaltung der Beteiligten. Und die ist berechtigt. Zu oft haben Israelis und die Palästinenser auf Druck der Amerikaner Chancen nach einem dauerhaften Frieden ausgelotet und waren zu keinem Ergebnis gekommen. Zuletzt diente Israels Offensive im Gazastreifen im Dezember 2008 den Palästinensern als Grund, die Verhandlungen abzubrechen. Diesmal kann die Siedlungsfrage ein erster Knackpunkt sein. Am 26. September endet die Zusage Israels, den Neubau von jüdischen Dörfern im besetzten Westjordanland auszusetzen. Wenn dann die Bagger wieder anrücken sollten, wird Obama mit seinen Friedensbemühungen einen herben Rückschlag erleiden - wie seine Amtsvorgänger auch. Die Lage im Nahen Osten ist so verfahren, dass ein dauerhafter Frieden zwischen den verfeindeten Völkern kaum möglich erscheint. Jedes Nachgeben bei den Verhandlungen wird den Verhandlungspartnern im eigenen Lager als Schwäche ausgelegt. Benjamin Netanjahu kann in der Hauptstadtfrage nicht nachgeben, ohne sein Amt zu riskieren. Er wird nie und nimmer den Palästinensern den Osten Jerusalems als deren Hauptstadt überlassen. Und wenn er einen Siedlungsstopp für das Westjordanland anbietet, ist seine Regierungskoalition ebenfalls geplatzt. Und bevor er den Syrern den besetzten Golan überlässt, wird er Garantien verlangen, dass von diesen Bergen israelische Gebiete nicht beschossen werden. Wer will solch einen Vertrag unterschreiben? Überhaupt stellt sich die Frage, für wen Palästinenserpräsident Abbas verhandeln kann. Seine Amtszeit ist seit Monaten abgelaufen. Im Gazastreifen hat er nichts zu sagen. Die radikal-islamische Hamas bedroht mit ihren Kassam-Raketen zahlreiche israelische Dörfer und lehnt jede Verhandlung mit Israel kategorisch ab. Dem jüdischen Staat geht es um das Existenzrecht der beiden Staaten und um die eigene Sicherheit. Die erste Bedingung könnte Abbas unterschreiben, für die zweite fehlt ihm die Macht. All das ist auch der US-Regierung bekannt. Sie will vor den Kongresswahlen außenpolitische Erfolge. Mit Afghanistan und dem Abzug aus dem Irak kann sie derzeit kaum punkten. Und in Nahost war der Frieden schon so oft zum Greifen nahe - mit dem bekannten Ergebnis. Auch diesmal kommt nichts dabei heraus. Leider.
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