Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema FDP:
Bielefeld (ots)
Philipp Rösler kann es. Der künftige Parteichef der Liberalen hat seine Kritiker widerlegt - noch bevor ihn der Bundesparteitag am Freitag in Rostock zum Nachfolger Guido Westerwelles wählt. Mit der Neuordnung des Fraktionsvorstandes, an sich kein Thema für einen Parteikonvent, der Durchsetzung einer Kabinettsumbildung und gleichzeitiger Druckentlastung bei der Findung der stellvertretenden Parteivorsitzenden ist Rösler ein großer Wurf gelungen. Mit etwas Glück könnte er am Sonntagabend eine der größten Krisen der FDP überwunden haben. Noch ist es nicht so weit. Sieger und Verlierer der personalpolitischen Neuordnung müssen Eitelkeiten und Verletzungen zurückstellen. In eine selbstgestellte Falle dürfte Birgit Homburger laufen, die jetzt als Partei-Vize antritt - für viele eine Einladung zur Gegenkandidatur. Abzuwarten bleibt auch, ob Homburgers Landesverband Baden-Württemberg akzeptiert, dass Rainer Brüderle mehr als ungeschoren davonkommt. Schließlich hat die FDP im Stammland Rheinland-Pfalz einen Totalverlust zu verantworten. Überhaupt Brüderle: Die Beziehung des alten liberalen Fahrensmannes zum Jungspund Rösler gilt mindestens als schwierig, dennoch konnte der Junge den Alten an die Kandare nehmen. Respekt - und zwar vor beiden. Ob Rösler den problemlosen Wechsel vom Gesundheitsfach ins Wirtschaftsressort schafft, bleibt offen. Der forsche Kompetenzsprung erlaubt Zweifel. Läuft es gut, wird man das mit der ohnehin glänzenden Konjunktur begründen. Kommt der nächste Abschwung - derzeit ist alles möglich und zwar über Nacht - wird man das Dr. Rösler an den nicht so schnell abzuschüttelnden Arztkittel heften. Nicht ganz schlüssig ist auch die Argumentation, wonach das Gesundheitsressort für Rösler nicht erfolgversprechend genug sein soll, für seinen bisherigen Staatssekretär Daniel Bahr aber gerade passend wäre. Der NRW-Landesvorsitzende aus Münster befände sich damit von vornherein auf einem Himmelfahrtskommando. Kein schöner Start in eine neue Aufgabe. Nur die FDP-Minister Dirk Niebel und Westerwelle bleiben von der blaugelben Rochade am Kabinettstisch verschont. Das geschieht, weil der eine aus Baden-Württemberg stammt und dessen Landesverband gestraft genug ist. Der andere ist und bleibt Außenminister, weil er die FDP als Bundesvorsitzender von einem Landtagswahlsieg zum nächsten geführt hat und bei der Bundestagswahl sensationelle 14,6 Prozent bescherte. Rösler und die neue Führung schauen auf die Zeit vor der Schicksalswahl, andere auf die Zeit danach. Röslers Restrisiko: Bezirks- und Kreisverbände bleiben hochgradig verunsichert. Die Gelegenheit zur radikalen Abrechnung mit Westerwelle wegen des Absturzes unter fünf Prozent ist verlockend. Nicht nur der Kreisverband Paderborn will ihm in Rostock ans Außenamt.
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