Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema FDP
Bielefeld (ots)
Eigentlich sollte die feierliche Ernennung der neuen FDP-Bundesminister als ein Signal des Aufbruchs erscheinen. Und spätestens mit dem heute beginnenden Parteitag in Rostock - so der Plan - könne ein Ruck durch die FDP gehen. Dann werde der Blick nach vorn gerichtet, wie es immer so schön heißt. So weit die Theorie. Manchmal liegen Wunsch und Wirklichkeit jedoch meilenweit auseinander. Der Neustart der Liberalen hat gerade erst begonnen und droht bereits zu scheitern. Dabei könnte alles so schön sein für die FDP. Als Partei in Regierungsverantwortung wäre es ein Leichtes, sich das üppige Steuerplus in Höhe von 135,3 Milliarden Euro bis 2014 auf die Fahnen zu schreiben. Auch mit der bevorstehenden Vollbeschäftigung in Deutschland und der Tatsache, dass die Bundesrepublik d i e Wachstumslokomotive in Europa ist, könnte sich die FDP schmücken. Die Zeit wäre fast schon wieder reif, neue Steuersenkungsvorschläge zu machen. Aber lassen wir das. Stattdessen zerfleischen sich die Liberalen selbst. Jüngstes Beispiel ist die Äußerung des frisch-gewählten Vizefraktionschefs Martin Lindner. Ausgerechnet in einer Phase, in der die Partei alles andere als eine weitere Personaldebatte braucht, forderte er eine Abstimmung über den Verbleib von Guido Westerwelle als Bundesaußenminister. Immerhin zeigte der neue Fraktionschef Rainer Brüderle seine Stärke. Er wird Lindner vor den Konsequenzen gewarnt haben. Am Abend versprach Lindner, Ruhe zu geben und legte seine Initiative zu den Akten. Hinter den Kulissen fliegen die Fetzen aber weiter. Die einen fordern eine schonungslose Personaldebatte. Die anderen wollen Einigkeit demonstrieren, die es nicht gibt, und Sachdebatten in Gang setzen, über die es keine Einigkeit gibt. Ganz zu schweigen von inhaltlichen Machtkämpfen und dem Geschachere um Posten. Ein Neustart sieht anders aus. Zu allem Überfluss kommt noch der Absturz einer Frau, die innerhalb der Partei als Hoffnungsträgerin galt. Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin hat den Guttenberg gemacht. Ihr Rückzug ist zwar nicht mit so gravierenden Folgen behaftet, wie es beim ehemaligen Verteidigungsminister für die CSU und der Regierung Merkel der Fall war. Aber die Plagiatsvorwürfe werfen kein gutes Licht auf die angeschlagene FDP. Zudem galt Silvana Koch-Mehrin als mediales Aushängeschild, von denen es bei den Liberalen nicht so viele gibt. Dass sie relativ schnell alle Führungsämter niedergelegt hat, spricht für sie. Die neue Parteispitze ist jetzt gefordert. Folgende Frage muss in Rostock glaubwürdig beantwortet werden: Wofür steht die FDP eigentlich? Die Liberalen erwartet ein turbulenter Parteitag, bei dem mit allen Überraschungen gerechnet werden muss.
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