Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Griechenland
Bielefeld (ots)
Griechenland sagt Ja zum Sparpaket. Europa atmet auf. Das befürchtete Chaos bleibt aus. Panzer müssen nicht durch Athen rollen, um Banken zu schützen. Genau dieses Szenario hatte der griechische Vizeregierungschef Theodoros Pangalos für den Fall einer Staatspleite vorausgesagt. Soweit dürfte es nun nicht kommen. Doch klar ist auch: Die Krise in Griechenland ist mit dem Votum für ein 78-Milliarden-Euro-Sparpaket nicht vorbei. Die wütenden Proteste arg gebeutelter Bewohner - gerade auch gestern wieder in der Hauptstadt - dürften weitergehen. Viele Menschen sind nicht bereit, den Gürtel noch enger zu schnallen. Man kann Griechenland nicht wie eine Zitrone ausquetschen und sich dann wundern, dass der Saft nicht ewig fließt. Der soziale Frieden ist ernsthaft in Gefahr. Da hilft es auch nicht, den Griechen abermals vorzuhalten, sie hätten jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Aus eigener Kraft kommt Griechenland nicht von seiner hohen Verschuldung von 330 Milliarden Euro herunter. Daher fordern zahlreiche Ökonomen einen teilweisen Schuldenerlass - einen so genannten Cut. Aber auch Politiker sind dieser Meinung, wie etwa der frühere Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Der FDP-Politiker sagte gestern: »Ich bleibe dabei, dass es zum Zeitpunkt X eine Umschuldung geben wird.« Spätestens an diesem Punkt wird die Angelegenheit kompliziert. Die Banken sind nur begrenzt dazu bereit, den Griechen entgegenzukommen. Die Rede ist davon, griechische Staatsanleihen, die 2014 auslaufen, zu verlängern - mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Doch was bringt das? Griechenland gewinnt Zeit, mehr nicht. Die Konzepte der EU-Politiker greifen nicht. Sie sind nicht nachhaltig. Ein Loch wird mit dem anderen gestopft, ein Milliarden-Hilfspaket folgt dem nächsten. Verständlich, dass die Steuerzahler in Deutschland diese Politik nicht akzeptieren. Sie wollen nicht der Zahlmeister Europas sein. Heute Griechenland. Und morgen Portugal? Das Dilemma aber ist: Im Fall von Griechenland gibt es keine Lösung, die allen Interessen gerecht würde. Was auch die Politik entscheidet - letztlich wird es schmerzhaft und teuer für alle. Die Griechenlandhilfe braucht eine radikale Kehrtwende. Das heißt zunächst: Die Zinsen für Kredite müssen runter. Schließlich muss nicht nur der Staat sein Schuldenproblem lösen, auch die private Wirtschaft darf nicht weiter abgewürgt werden. Das Land benötigt Investoren, die das Wachstum ankurbeln und Geld in die leeren Kassen spülen. Tatsächlich hat Griechenland mehr als Oliven zu bieten. So könnte der Tourismus ausgebaut werden. Auch die Solartechnologie bietet Chancen, ebenso der Schiffsbau. Wer weiß schon, dass griechische Reeder nach Japan die weltweit größte Flotte besitzen. Parallel muss Korruption bekämpft werden. Es gibt einen Weg. Dieser ist allerdings steinig und lang.
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