Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Friedensnobelpreis
Bielefeld (ots)
Drei Frauen wollen es nicht zulassen, dass die Rechte der weiblichen Bevölkerung in der Dritten Welt mit Füßen getreten werden. Dafür werden Ellen Johnson-Sirleaf und Leymah Gbowee aus Liberia sowie Tawakkul Karman aus dem Jemen mit dem Friedensnobelpreis geehrt - eine richtige Entscheidung und ein wichtiges Signal. Menschenrechte, Demokratie und Meinungsfreiheit: Für viele Landsleute der Preisträgerinnen sind das Fremdwörter. Der Kampf gegen die Schatten der Vergangenheit ist in Liberia Alltag. Im Bürgerkrieg hinterließen systematische Vergewaltigungen ein traumatisiertes Volk. Die erste Präsidentin eines afrikanischen Landes, Ellen Johnson-Sirleaf, stellte sich ebenso wie Leymah Gbowee diesem Problem. Natürlich hat Johnson-Sirleaf keine weiße Weste. Sie kooperierte mit Militärherrschern und dem Despoten Charles Ghankay Taylor. Das schmälert ihre Verdienste keineswegs, sondern zeigt, wie hart es ist, in den Strukturen eines solchen Landes Ziele zu erreichen. Es zeichnet sie aus, dass sie sich aus dieser Gewaltspirale als Hoffnungsträgerin an die Spitze ihres Heimatlandes hervorgekämpft hat. Ihr Mut, Frauenrechte einzufordern, brachte sie erst ins Gefängnis und dann ins Exil. Ein Signal in Richtung des »arabischen Frühlings« ist die Auszeichnung von Tawakkul Karman. Männer sind es, die im Nahen Osten als Despoten ein System der Unterdrückung schufen. Eine Frau ist es, die den Kampf dagegen noch weit vor der Revolution in anderen arabischen Ländern aufnahm. Wer sonst sollte den Friedensnobelpreis verdient haben, wenn nicht eine Frau, die ihre Stimme erhebt, obwohl das Regime alles tut, um sie mundtot zu machen? Die Auszeichnung der drei Frauen rückt vieles gerade. Gleichberechtigung ist in Industrienationen zu einer detailverliebten Ideologiedebatte rund um Begriffe wie die Frauenquote geworden. Das heißt nicht, dass die Frage der Gleichberechtigung nicht überall immer wieder gestellt werden muss. Doch die Unterdrückung in Liberia und im Jemen hat ein anderes Gewicht. Der Nobelpreis sollte Anlass sein, innezuhalten und systematisch unterdrückten Frauen eine Stimme und neue Hoffnung zu geben. US-Präsident Barack Obama erhielt den Preis 2009, weil man hohe Erwartungen an ihn als Friedenspolitiker hatte; eine große Geste, ebenso wie 2010, als die Auszeichnung des chinesischen Bürgerrechtlers Liu Xiaobo als Kritik an China verstanden werden sollte. Diesmal ist es nicht die Einzelperson, die Signalwirkung haben soll. Die Wahl dieser drei Frauen zeugt von der Würdigung des vielfältigen Wirkens. Jetzt schließt sich der Kreis. War es doch im Jahr 1905 die erste Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, die die Folgen von Kriegen aus weiblicher Perspektive betrachtete. Was damals als mutiger Schritt bezeichnet wurde, gilt heute um so mehr für die drei Frauen. Sie sind Pioniere im Kampf um Gerechtigkeit.
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