Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Bankenrettung:
Bielefeld (ots)
Karl Blessing, Bundesbankpräsident in den sechziger Jahren, meinte kürzlich ganz lapidar: »Es gibt keine harte Währung ohne harte Maßnahmen.« Die Frage ist nur: Für wen sind sie hart? Nur für die Steuerzahler, oder auch für die Politiker, oder gar für die Banken? In der Tat, es geht nicht mehr nur um Griechenland, wo gestern ein Streik das Land lahmlegte und heftige Proteste gegen die geplanten Sparmaßnahmen stattfanden. Das Finanzsystem weltweit steht vor einem Umbruch. Die Wut über die Boniritter und ihre ausbleibende Rechenschaftsablegung wächst. Die »Neue Zürcher Zeitung« warnt: »Gelingt es nicht, Sprachlosigkeit und Ignoranz zu überwinden, wird die Belastbarkeit des sozialen Zusammenhalts zur eigentlichen Schicksalsfrage westlicher Demokratien.« Das haben auch manche Politiker verstanden. Finanzminister Schäuble bereitet die Ackermänner dieser Welt schon auf harte Maßnahmen vor. Die systemrelevanten Banken werden mehr als geplant dazu beitragen müssen. Im Klartext: Sie werden ihre griechischen Staatsanleihen, mit denen sie bisher satte Gewinne einfuhren, abschreiben müssen. Und das Risiko werden sie selber tragen, so dass sie an ihre Reserven ran müssen. Seither geht die Angst um, die Banken misstrauen einander wieder. Statt sich gegenseitig wie üblich Geld zu leihen bringen sie, aus Angst vor faulen Krediten in den Tresoren der Kollegen, ihr Geld lieber zur Europäischen Zentralbank, auch wenn sie dort sehr viel weniger Zinsen dafür bekommen. Dieses Misstrauen jedoch gefährdet die Realwirtschaft und die Kommunen. Denn Unternehmen und Kommunen bekommen von den Banken kaum noch Kredite. Schlimmer noch als in Deutschland grassiert die Angst in Frankreich. Deshalb würde der französische Präsident gern auf das Geld der Europäischen Zentralbank zugreifen, um eben die französischen Banken zu retten. Davor aber steht noch seine Freundin Angela Merkel. Beim EU-Gipfel am Wochenende wird man gemeinsam beraten, wie man wo an Geld herankommt, ohne das Gesicht und die nächsten Wahlen zu verlieren - und um die Banken zu retten. Ein gewisses Geschmäckle haben die Forderungen der Euro- und Europa-Retter schon. Wenn Kommissionspräsident Barroso etwa keck eine höhere Kapitalausstattung der Banken und den Verzicht auf Boni und Dividenden fordert, dann darf man auch fragen: Woher sollen die Banken das Kapital bekommen, um sich besser auszustatten? Die diversen Rettungsfonds werden es ermöglichen. Und das ist wieder das Geld des Steuerzahlers. Redlich ist das nicht. Ehrlicher wäre es, mal ein paar Banken das Risiko ihrer Gier zahlen zu lassen. Und kostete es die eine oder andere Pleite eines Bankerfreundes. Für diese Casino-Banker muss es beim Gipfel heißen: Rien ne va plus - nichts geht mehr. Das ist hart aber immer noch billiger als der Verlust des sozialen Zusammenhalts.
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