Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Weltklimakonferenz
Bielefeld (ots)
Man stelle sich vor, eine Weltklimakonferenz ginge zu Ende und Greenpeace und Co. wären voll des Lobes! Unmöglich. Wenn 194 Nationen, 15 000 Delegierte 14 Tage über das Wetter der nächsten 40 Jahre debattieren, kann es nur Kompromisse geben. So gesehen ist die durchaus nachvollziehbare Kritik des BUND - »lauwarm, kein strenger Fahrplan, US-Sand im Getriebe« - hilfreich bei der Einschätzung der Konferenzergebnisse, aber nicht das letzte Wort. Auf der Habenseite steht Fundamentales. Bei einem Scheitern wäre der Kyoto-Vertrag sang- und klanglos ausgelaufen. Klimapolitik wäre auf lange Sicht zu einer belächelten Episode der Weltpolitik geraten. Stattdessen können sich jetzt die großen Kyoto-Verweigerer nicht mehr länger raushalten. Vor allem aber: Trotz Weltfinanzkrise gibt es noch Sinn und Verständnis für die Übernahme teurer Verantwortung und eine ökologische Sicht der Dinge. Glückwunsch an Gastgeber Südafrika, das die Mammut-Veranstaltung erstens bewältigt und zweitens auch thematisch einigermaßen im Griff behalten sowie zu einem Ergebnis geführt hat. Peinliche Szenen wie 2009 in Kopenhagen blieben den Afrikanern jedenfalls erspart. Damals hatte der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen die Übersicht verloren und kam dramatisch ins Schwimmen. Der Gipfel in einer europäischen Hauptstadt endete im Chaos. Die Klimaschützer erinnerten sich nur noch mit Grausen an den Vorgang. Durban hat ganz nebenbei den Blickwinkel erweitert. Auch Wohlstandsbürger sollten sich einmal die Klimasünden pro Kopf, statt absolut pro Nation anschauen. Dann wird deutlich, dass wir Indern und Chinesen etwas verweigern, was wir für uns wie selbstverständlich in Anspruch nehmen. Hier hat Durban Demut und Fairness gelehrt. Ein überraschend mildes Gesamturteil hat der renommierte Potsdamer Klimaforscher Professor Ottmar Edenhofer gestern gefällt. Auch wenn er sich verbindliche Festlegungen auf Senkungen des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen gewünscht hätte, sieht er einen Durchbruch auf dem Weg dahin: »Es wurden internationale institutionelle Voraussetzungen geschaffen, die in dieser Form noch vor wenigen Tagen als undenkbar galten.« Will sagen: eine »Road Map« zu haben ist schon sehr viel, aber das Beispiel Nahost zeigt auch, dass noch viel Diplomatie gefragt und das Ziel keineswegs erreicht ist. Beim Klima muss jetzt bis 2015 inhaltlich gearbeitet werden. Dabei wird es immer wieder darum gehen, sowohl die störrischen Nordamerikaner wie auch die boomenden Wirtschaftswunderländer China, Indien, Brasilien und Russland nicht von der Fahne gehen zu lassen. Sie alle haben in Durban zögerlich, aber grundsätzlich ihr Mitwirken zugesagt. Dabei muss es bleiben.
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