Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien
Bielefeld (ots)
Die syrischen Aufständischen sind enttäuscht und verzweifelt. Sie fühlen sich vom Westen verlassen, von der UNO vernachlässigt und von Russland und China verraten. Nun hat auch noch die Arabische Liga ihre Beobachtermission eingestellt. Sie hat zwar die Brutalität des Assad-Regimes erkannt, will aber militärisch nicht eingreifen. Syrien steckt in der Sackgasse zwischen internationaler Intervention, diplomatischer Hoffnung und Bürgerkrieg. Neu ist, dass sich die Arabische Liga an die Vereinten Nationen wendet. Dadurch internationalisiert sie das Syrien-Problem, obwohl sie dies ursprünglich nicht wollte. Denn eine harte UN-Resolution könnte Assad ein ähnliches Los wie Gaddafi bereiten. Doch dazu wird es nicht kommen. Russland und China - Vetomächte im UN-Sicherheitsrat - beliefern Syrien massiv mit Waffen. Beide Länder wollen ihren Verbündeten Syrien nicht verlieren und werden eine harte Resolution verhindern. Sie bedauern bereits ihr Entgegenkommen in der Libyen- und Iranfrage: Gaddafis Tod und die Iran-Sanktionen haben Einnahmeverluste verursacht. Während die syrische Opposition für Leben, Freiheit und Demokratie kämpft, denken Russland und China an Geld und Macht. Das mag zynisch klingen - ist aber ein Grund für die Aufständischen, den Bürgerkrieg anzuheizen. Außenminister Guido Westerwelle befürchtet zu Recht, der Rückzug der Arabischen Liga könne eine weitere Eskalation der Gewalt in Syrien auslösen. Doch seine Hoffnung auf eine klare Reaktion des UN-Sicherheitsrates verpufft: Russland wird seine Waffenlieferungen nicht einstellen. Außerdem wird demnächst in Russland gewählt; anti-westliche Töne eignen sich dabei gut für den Stimmenfang. Es überrascht somit kaum, dass Syrien immer tiefer in den Bürgerkrieg abgleitet. Der Konflikt zwischen dem brutalen Assad-Regime und seinen Gegnern bleibt unauflöslich. Keine Seite will nachgeben oder kapitulieren. Das tragische Patt könnte nur noch durch rohe Gewalt gebrochen werden. Die syrische Katastrophe dient als Lehrbeispiel für internationale Machtpolitik: Humanitäre Gründe allein reichen nicht aus, um militärisches Eingreifen zu ermöglichen; geopolitische und machtpolitische Interessen müssen hinzukommen. USA, EU und Arabische Liga mögen Assad verurteilen, kritisieren, mit Sanktionen belegen oder sonstwie pressieren: So lange er nicht militärisch angegriffen wird, bleibt er im Sattel. Doch Krieg ist im Falle Syriens keine Alternative. Die diplomatischen, geopolitischen und wirtschaftlichen Schäden und Risiken wären allzu gravierend. Somit bleiben die Syrer sich selbst überlassen. Zwar wird ihr verzweifelter Kampf nicht ewig dauern, doch Bürgerkriege können schrecklich verlustreich sein. Dieses Blutbad darf uns daher nicht gleichgültig lassen: Der Westen muss alles tun, den Aufständischen zumindest diplomatisch, moralisch, finanziell und humanitär den Rücken zu stärken.
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