Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westfalen-Blatt mehr verpassen.

Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Nato-Gipfel

Bielefeld (ots)

Die Nato gilt zu Recht als erfolgreichstes Militärbündnis der Welt. Dennoch fragt man sich heute: Wieviel Nato ist noch nötig und bezahlbar? Können die neuen sicherheitspolitischen Probleme militärisch gelöst werden? Was nützen Truppen, Panzer und Drohnen gegen den Klimawandel, gegen Internet-Terrorismus, gescheiterte Staaten oder die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen? Das westliche Verteidigungsbündnis braucht nicht mehr Geld und Waffen, sondern weniger. Eine große militärische Bedrohung ist nicht in Sicht - weder aus China, Russland, Iran noch Nordkorea. Zu Zeiten relativer Stabilität und Sicherheit kann es sich die Nato leisten, seine Fähigkeiten zu begrenzen und zu sparen. Die USA, die 75 Prozent des Nato-Beitrags zahlen, verlagern ihre Interessen gen Asien und fordern die Europäer auf, mehr Geld für die Allianz auszugeben. Doch das wäre ein Fehler: Es ist sinnlos, dort mehr Geld aufzuwenden, wo weniger mehr wäre. Da die Finanzkrise alle trifft, haben die meisten Regierungen den Sparkurs akzeptiert. Generalsekretär Rasmussens Idee von der »klugen Verteidigung« überzeugt: Die Staaten sollten ihre Verteidigungsausgaben auf Kernfähigkeiten konzentrieren und Kosten durch bessere Zusammenarbeit sparen. Sie können neue Waffensysteme gemeinsam anschaffen oder ihre Ausbildungsstätten zusammenlegen. Am wichtigsten: Die Staaten können ihre sicherheitspolitische Souveränität ihren Partnern übertragen. Das würde große Sparpotenziale erschließen. Der Chicago-Gipfel ist diesen Schritt leider nicht gegangen. Denn wer kann dem Mitglied Deutschland noch trauen, wenn es während der Libyen-Intervention seine Streitkräfte zurückzieht? Die Abgabe von sicherheitspolitischer Souveränität setzt gleiche Interessen und Verlässlichkeit voraus. Niemand darf sich auf Kosten der anderen Vorteile verschaffen oder auf dem militärischen Trittbrett mitfahren. Nur ein Bündnis, das Geschlossenheit und Solidarität praktiziert, kann eine gemeinsame Militärpolitik durchsetzen. In Chicago wurde immerhin der Afghanistan-Abzug bekräftigt. Dabei kann es niemand dem französischen Präsidenten verübeln, seine Truppen vorzeitig heimholen zu wollen. Auch Berlin weiß, dass jedes Abzugszenario blutig und unbefriedigend wird. Zehn Jahre Afghanistan-Intervention haben das Land nicht befriedet. Sollte der Chicago-Gipfel in Zukunft eine sparsame und verkleinerte Nato hervorbringen, wäre die Konferenz ein großer Erfolg gewesen. Doch schon das geplante Raketenabwehrsystem zerstört diese Hoffnung. Besonders, weil es Russland verärgert und die Geister des Kalten Krieges weckt. Die Nato braucht eine neue Identität, reduzierte Haushalte, die Übertragung von Souveränität und die Ein- und Anbindung Russlands. In Chicago war davon wenig zu sehen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westfalen-Blatt
Weitere Storys: Westfalen-Blatt