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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Schwarz-Gelb

Bielefeld (ots)

Die langen Linien sollten gezeichnet werden, am Ende war es wohl doch eher der kleinste gemeinsame Nenner. Dass das gestrige Spitzentreffen von Schwarz-Gelb keine greifbaren Ergebnisse brachte, ist nicht zu kritisieren, denn darum ging es auch gar nicht. Es ging mal wieder um die Stimmung. Große Hoffnungen auf einen professionelleren, weil geräuschärmeren Regierungsstil sollte man sich jedoch nicht machen. Dafür haben alle drei Koalitionspartner zu viel mit sich selbst zu tun. Bände spricht allein, dass aktuell die FDP noch am ehesten mit ihrer Situation zufrieden sein kann. Es ist eben alles relativ im Leben. Und weil das Totenglöcklein den Liberalen noch vor kurzem so heftig geläutet hatte, fühlen sie sich nach den Erfolgen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wie neugeboren, obwohl sie objektiv betrachtet längst noch nicht genesen sind. Dafür krakeelt es nun unentwegt aus München, wobei der CSU-Vorsitzende findet, das könne man alles ruhig senden. Horst Seehofer, als begnadeter Populist sowieso permanent für unangenehme Überraschungen gut und kaum zu disziplinieren, hat jetzt schon nur noch den Wahltermin im Herbst 2013 im Sinn. Allerdings nicht den der nächsten Bundestagswahl, sondern den »seiner« Landtagswahl in Bayern. So heißt es für Kanzlerin Angela Merkel: wie gewonnen (FDP), so zerronnen (CSU). Doch auch das wäre noch verkraftbar, hätte die CDU nicht selbst massive Probleme. Spätestens der Rausschmiss von Bundesumweltminister Norbert Röttgen markierte einen Wendepunkt: Die Kanzlerin zeigte erstmals Nerven, ihre Partei reagierte verstört. Sie ist es noch immer, auch wenn das bisher niemand laut sagen will. Schon kann man grübeln, was eigentlich passieren würde, wenn Merkel morgen nicht mehr als Kanzlerin und CDU-Vorsitzende zur Verfügung stände. Diese hypothetische und sicher nicht ganz taktvolle Frage legt einen Blick auf die CDU frei, der die Partei erschauern lassen muss. Die Konferenz mit den Kreisvorsitzenden am Wochenende gab allenfalls einen Teil der düsteren Stimmung an der Basis wieder. Fakt ist: Die CDU konnte zuletzt deutlich weniger Wahlsiege feiern als sie Niederlagen verdauen musste, darunter so katastrophale wie die in Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommt ein Aderlass an Spitzenkräften, der längst seinesgleichen sucht. Man mag es kurios finden, dass sich die SPD zwischen drei Kanzlerkandidaten nicht entscheiden kann und sogar eine vierte Kandidatin zu bieten hätte. Doch die Sozialdemokraten haben wenigstens eine Auswahl, die Union hat im Moment nur Angela Merkel und sonst nichts. Personell weitgehend ausgezehrt, liegt zu viel Last auf der Kanzlerin. Daran hat sie selbst einen großen Anteil. Nun aber muss sie ihn mehr und mehr auch tragen. Mehr als genug Stoff also für weitere Krisengipfel im Kanzleramt. Ob sie die Stimmung der Koalitionäre dann aber wirklich aufhellen, ist eine andere Frage.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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