Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Indonesien:
Bielefeld (ots)
Die deutsch-indonesischen Beziehungen sind wichtig. Das hat Kanzlerin Angela Merkel erkannt, ist nach Jakarta gereist und hat die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bindungen gestärkt. Denn das nach der Bevölkerung viertgrößte Land der Welt hat Zukunft: Junge und fleißige Arbeitskräfte, starkes Wirtschaftswachstum und wichtige Rohstoffe versprechen Aufschwung und Wohlstand. Indonesien ist ein aufsteigender Riese, ein Schwellenland, das nach China und Indien zu den bedeutendsten Staaten Asiens gehört. Es ist somit sinnvoll, diesen vielversprechenden Koloss partnerschaftlich an sich zu binden. Doch die Bundeskanzlerin brauchte das Rad nicht neu zu erfinden: Die deutsch-indonesischen Beziehungen haben eine solide Basis. Deutschland unterstützt den politischen Reformprozess, fördert den religiösen Dialog mit dem größten muslimischen Land der Welt, hilft beim Tsunami-Schutz und kann auf 250 Unternehmen verweisen, die sich in Indonesien angesiedelt haben. Obendrein genießt Deutschland einen guten Ruf zwischen Bali und Sumatra: Etwa 30 000 Indonesier haben seit der Unabhängigkeit in Deutschland studiert, 150 000 indonesische Schüler lernen Deutsch - trotz starker chinesischer und englischer Konkurrenz. Das ist beachtlich. Die erste Indonesienreise der Kanzlerin konnte somit traditionelle Bindungen stärken und neue Pflöcke setzen. Denn Deutschland braucht Indonesien - beim Handel, als Absatzmarkt und als politisch stabiler Partner in einer labilen Region, die ansonsten von autoritären Regimen geprägt wird. Indonesien ist zwar noch kein demokratisches Vorzeigeland, doch Religions- und Meinungsfreiheit kommen unübersehbar voran. Die Bundesrepublik kooperiert lieber mit einem halbwegs demokratischen Land als mit Diktaturen und Polizeistaaten. Da Indonesien geostrategisch immer wichtiger wird, wächst auch der Rang von politischer Zuverlässigkeit und Stabilität. Besonders wichtig ist jedoch, dass die Kanzlerin den Wert der gesamteuropäischen Beziehungen zu Indonesien erkannt hat. Bilaterale Vereinbarungen und Hilfsabkommen sind wichtig, doch die gesamteuropäische Position ist wichtiger. Je stärker die asiatischen Schwellenländer werden, desto intensiver suchen sie die Bindung an Europa. Die europäischen Nationalstaaten können sich im Konkurrenzkampf mit den asiatischen Tigerstaaten aber nur behaupten, wenn sie die Kleinstaaterei überwinden und möglichst mit einer Stimme sprechen. Auch gegenüber der Konkurrenz aus Asien schaden nationales Eigeninteresse und innereuropäischer Streit. Während China, Indien oder Indonesien aufsteigen, muss Europa wirtschaftlich und politisch zunehmend zusammenwachsen. Je stärker die EU, desto eher können die Europäer den asiatischen Wirtschaftsmächten eine geballte politische und wirtschaftliche Macht entgegenstellen. Dies ist auch Angela Merkels These. Und hierfür verdient sie Anerkennung und Respekt im heutigen Kampf um die Zukunft Europas.
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