Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Putin
Bielefeld (ots)
Josef Stalin brauchte keine Gesetze. Sein Wille war Befehl. Um seine Macht zu sichern, war dem Sowjetherrscher jedes Mittel Recht. Die einen ließ er sofort erschießen, andere schleifte er zur Abschreckung vor Schauprozesse - das Ergebnis war jeweils gleich. Stalin ist fast 60 Jahre tot, sein Sowjetreich ist zerfallen, doch die Methoden der heutigen Machthaber im Kreml nähern sich den früheren an. Wladimir Putin als Diktator zu bezeichnen, ist natürlich überzogen. Immerhin wahrt der ehemalige Geheimdienstler seine Art von Scheindemokratie. Er will seine Gegner mit mit vornehmlich legalen Methoden kleinkriegen. Schon seine Wortwahl lässt erahnen, dass Putin von pluralistischer Demokratie nach westlichem Vorbild für Russland nichts hält. Als Schakale des Westens und Feinde des russischen Volkes brandmarkt er diejenigen, die es wagen, gegen Willkür oder Wahlfälschung auf die Straße zu gehen. In Europa geht nur Putins Nachbar-Herrscher in Minsk noch härter gegen Kritiker vor. Alexander Lukaschenkono duldet keinen Widerstand - Putin hat sich ein schlechtes Vorbild ausgesucht. Seit seinem erneuten Einzug in den Kreml drückt Putin aufs Tempo. Seine Partei Geeintes Russland drückt mit einer satten Mehrheit im Rücken eine weitere Beschneidung der Grundrechte durch - und das alles im Namen von Ruhe und Ordnung. Das geht selbst den Kommunisten zu weit, die vor der Abstimmung im Parlament den Saal verlassen haben. Für diesen stummen Protest haben sie Respekt verdient. Hans-Gert Pöttering von der Konrad-Adenauer-Stiftung wird deutlicher. Er fürchtet, dass die russische Nichtregierungsorganisationen (NGO) in die Knie gezwungen werden sollen. Aus Moskau erhalten diese kaum Geld, und wer sich aus dem Ausland finanziell helfen lässt, muss sich als »ausländischer Agent« beschimpfen lassen. Spione verdienen keine Gnade - das ist den Russen von Stalin eingetrichtert worden. Als Sanktionen sind Geld- und Haftstrafen vorgesehen. Wer gegen das neue Versammlungsgesetz verstößt, muss als Durchschnittsverdiener bis zu zehn Jahresgehälter als Strafe zahlen. Noch drastischer sind die Sanktionen bei angeblicher Verleumdung. Wer als Journalist korrupte Beamte oder Politiker enttarnt, kann seine Existenz aufs Spiel setzen. Die Geldstrafe wurde im Handstreich von 3000 auf 500 000 Rubel (12 500 Euro) erhöht. Ohne Richterspruch dürfen Behörden Internetseiten sperren. Angeblich geht es um den Schutz der Kinder - Regierungskritiker sind die wahren Leittragenden. In diesen Zeiten dürfen die Menschenrechtler und wahren demokratische Kräfte in Russland nicht allein gelassen werden. Westliche Politiker müssen in Moskau den Finger in die Wunde legen. Wenn der Kreml-Herr im Konzert der Industrieländer mitmischen will, muss er sich in seiner Heimat an die Spielregeln halten. Das kann man Putin ruhig mehrfach sagen.
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