Westfalen-Blatt: Ein Pro und Kontra zum NRW-Rauchverbot
Bielefeld (ots)
Pro:
Das strikte Rauchverbot ist richtig. Es kommt sogar zu spät. Wäre bereits 2008 so entschieden worden, hätten sich zahlreiche Wirte Investitionen in spezielle Raucherbereiche sparen können. Ihr Ärger ist verständlich. Doch das neue Gesetz zum Nichtraucherschutz ist eine Entscheidung für die Zukunft. Immer weniger Kinder und Jugendliche in Deutschland rauchen. 89 Prozent der 12- bis 17-Jährigen sprechen sich laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für rauchfreie Diskotheken und Kneipen aus. Die Zahl der rauchenden Jugendlichen sinkt seit zehn Jahren. 2001 griffen 28 Prozent der 12- bis 17-Jährigen zur Zigarette. 2011 waren es zwölf Prozent. Für künftige Generationen ist das Thema Rauchen längst nicht mehr so emotionsgeladen wie heute. Nichtrauchen gehört zunehmend zum Verständnis einer gesunden und verantwortungsvollen Lebensweise. Machen wir uns nichts vor - die viel zitierte Eckkneipe wird es in Zukunft in dieser Form nicht mehr geben. Hier sind auch die Wirte gefordert, sich auf die neue Lebensart ihrer Gäste einzustellen. Und die Raucher müssen ihre Zigarette eben vor der Tür rauchen. Das Gesetz sieht sogar eine Ausnahme vor: Bei privaten Feiern in geschlossenen Gesellschaften ist das Rauchen weiterhin möglich. In Bayern, wo nach einem Volksentscheid seit zwei Jahren ein striktes Rauchverbot gilt, wird es dem Vernehmen nach eher in den Städten kontrolliert. Auf dem Land fehlen dafür schlicht die Mittel - oder auch der Wille. Durch ein striktes Rauchverbot wird Nordrhein-Westfalen nicht zu einem Land aus Partymuffeln werden. Oder hängt der Karnevalsspaß in Köln, Nieheim oder Schloß Holte-Stukenbrock wirklich an einer in der Kneipe gerauchten Zigarette? NRW hat ein rigoroses Rauchverbot durchgesetzt. Auf die Konsequenzen müssen sich alle einstellen. Und - zum Glück - gibt es ja immer noch die eigenen vier Wände. Hier darf jeder nach Herzenslust rauchen. Und das sollte auch so bleiben.
Kontra:
Am Nichtraucherwesen wird NRW genesen. Das ist jetzt amtlich. Dank der Änderung des Gesetzes zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern werden im bevölkerungsreichsten Land der Bundesrepublik die Lungen aufblühen, Onkologen arbeitslos werden und die Nichtraucher bis mindestens zu ihrem 100. Geburtstag in endlich qualmfreien Kneipen tanzen. Okay, das war jetzt reichlich polemisch. Liest man aber den Gesetzentwurf der Landesregierung kann man sich des Eindrucks nicht erwehren: Die Raucher sind zwar nicht für das gesamte Unheil der Welt, aber doch zumindest für einen großen Teil verantwortlich Völlig unstrittig ist: Rauchen ist ungesund. Sogar sehr. Daher ist es gut, dass in öffentlichen Gebäuden und bei der Arbeit nicht geraucht werden darf. Doch in die Diskussion ums Rauchen haben sich Sprachbilder wie »Erhaltung der Volksgesundheit« geschlichen. Das Sprachbild Gesundheits-Mullahs verbietet sich ebenso, allerdings: Vieles erinnert an religiösen Fanatismus. Der beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Verfolgung und Ächtung der rauchenden Bevölkerung. Der Reglementierungswahn erlebt im Bereich »So werden wir alle älter« Hochzeiten. Interessant ist, dass dies gerade von Bevölkerungsgruppen, die den mündigen Bürger gegen staatliche Eingriffe, also Gesetze, auf die Straße bringen, vorangetrieben wird. Was ist so schlimm an dem Ist-Zustand? Mit zwei Aufklebern (hier darf geraucht werden, dort nicht) kann man den Menschen klare Orientierungshilfen geben. Und es ist geradezu lächerlich, jetzt von einem Wettbewerbsnachteil für Nichtraucherrestaurationen zu sprechen. Dieselben Menschen hatten einst argumentiert: Wird es erst rauchfrei sein, dann stürmen die Nichtraucher die Kneipen, die sie bisher gemieden haben. Bestes Beispiel für den verordneten Schwachsinn: In einer Zigarrenlounge, einem Ort also, an dem sich nur Aficionados aufhalten, darf demnächst nicht mehr geraucht werden. Es reicht.
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