Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Energiewende
Bielefeld (ots)
Hut ab, Peter Altmaier. Mit seinem Vorstoß zu Änderungen im Strommarkt ist dem Bundesumweltminister (CDU) ein Coup gelungen - aber nur, was den Überraschungseffekt angeht. Der große Wurf ist das - offenbar ohne Kenntnis von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) - vorgelegte Konzeptpapier nicht. Es kann höchstens als Übergangslösung herhalten, um Symptome des chronisch kranken Systems Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu lindern. Schon diese Aufgabe zu erfüllen, ist ein schwieriges Unterfangen. Denn der Vorschlag muss sich als tragfähige Lösung nicht nur für die Koalition, sondern auch für die Opposition bewähren. Das scheint nicht nur ob der kritischen Reaktionen von SPD, Grünen und der Linke aussichtslos. Dass sich die Oppositionsparteien vor der Bundestagswahl auf Regelungen einlassen, an die sie danach - womöglich in Regierungsverantwortung - gebunden sind, scheint nahezu ausgeschlossen. Dabei ist unabhängig von der Wahlen ein überparteilicher Konsens statt parteipolitischer Scharmützel angesagt. Dazu ist die nationale Energiewende-Frage von zu großer Bedeutung für Bürger und Unternehmen. Und sie ist eben auch eine Aufgabe, bei der in Jahrzehnten statt Legislaturperioden und Wahlkämpfen gedacht werden muss. Zu beheben ist, dass ein stattlicher Anteil der EEG-Umlage gar nicht der eigentlichen Energiewende geschuldet ist. Die ist binnen sieben Jahren von 0,88 auf 5,28 Cent explodiert - zuzüglich Mehrwertsteuer. 16 Milliarden Euro werden auf dieser Basis inzwischen umverteilt, Tendenz steigend. Die Ausnahmeregelungen für energieintensive Betriebe machen gut ein Viertel aus. Der Eigenverbrauch selbst erzeugten Stroms ist von der Umlage völlig befreit - und belastet die Allgemeinheit mit zwei Milliarden. Ein schwerer Fehler im System ist, dass Ökostrommengen den Strompreis an der Börse drücken, aber die Zahlungen für gesetzlich garantierte Einspeisevergütungen erhöhen. Die Zielrichtung beim Nachjustieren - ob auf Altmaiers Weise oder auf welch anderer Basis auch immer - bedarf keines Kompasses mehr: Klar ist, dass die Strompreise nicht weiter derart schockartig ansteigen dürfen wie es in diesem Jahr der Fall ist. Richtig ist Altmaiers Ansatz, die Kosten einzugrenzen und auf mehr Schultern zu verteilen. Die Politik muss einen Mittelweg finden, der Investitionssicherheit wahrt, den Ausbau erneuerbarer Energie nicht abwürgt, aber besser als bisher in Einklang mit dem hinterherhinkenden Ausbau der Stromnetze bringt. Zudem muss der wirtschaftliche Betrieb konventioneller Kraftwerke gesichert werden. Denn ohne verlässliche Energie aus Kohle oder Gas, die immer dann verfügbar ist, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht, wird die Wende nicht gelingen.
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