Westfalen-Blatt: DAs WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Jan Ullrich
Bielefeld (ots)
Si tacuisses: Wenn Du geschwiegen hättest! Hat er aber nicht. Jan Ullrich hat am Wochenende zum ersten Mal Doping mit Eigenblut - nur mit Eigenblut - zugegeben. Das Echo blieb überschaubar. Wen wundert's: Der Einzige, der alle Dopingvorwürfe bislang immer wieder abgestritten hatte, war Ullrich selbst. Auch jetzt bleibt der einstige Radsportheld auf halbem Wege stehen. Das neue Geständnis ist noch nicht einmal ein Etappensieg auf dem Weg zur ganzen Wahrheit. Zu Mitteln wie Epo oder Wachstumshormonen, die zu Ullrichs Zeit ebenfalls hoch im Kurs standen, hat er sich immer noch nicht geäußert. Statt dessen gibt der 39-Jährige nur zu, was sowieso längst bewiesen war. Selbst der Internationale Sportgerichtshof Cas hatte Ullrich des Eigenblutdopings für schuldig befunden und für zwei Jahre gesperrt. Im Kern seiner Erklärung vom Wochenende offenbart der Ex-Profi zudem ein merkwürdiges Sport- und Rechtsbewusstsein. »Betrug fängt für mich dann an, wenn ich mir einen Vorteil verschaffe. Dem war nicht so«, sagt Jan Ullrich: »Ich wollte für Chancengleichheit sorgen.« Doch damit betrügt er sich selbst: Eine Rechtfertigung für die Zuhilfenahme von Dopingmitteln im Sport gibt es nicht. Auch er hätte nein sagen können. Acht Jahre nach dem Ausschluss von der Tour und sieben nach seinem Rücktritt kommt Ullrichs Teilgeständnis zu spät. Außerdem wirkt es nicht glaubwürdig genug, um ernstgenommen zu werden. Hingehört hat ohnehin kaum noch jemand - außer Lance Armstrong. Das Lob-Twittern des Meisterdopers klingt jedoch wie Hohngelächter. Ach, wenn Jan Ullrich doch nur geschwiegen hätte.
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