Westfalen-Blatt: Die Deutsche Bahn soll 43,6 Millionen Euro zu viel an Bahnhofsgebühren von der privaten Konkurrenz kassiert haben
Bielefeld (ots)
Im Rechtsstreit um überhöhte Bahnhofsgebühren hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr die Deutsche Bahn (DB) aufgefordert, ihre Preiskalkulation endlich offen zu legen. Das berichtet das Bielefelder Westfalen-Blatt (Montags-Ausgabe/Online-Ausgabe).
Im Hinblick auf fünf Entscheidungen des Bundesgerichtshofes müsse die Bahn endlich vernünftig werden, sagte Hauptgeschäftsführerin Susanne Henckel der Zeitung. Die Bahn muss bereits an fünf Konkurrenten eine Millionensumme zurückzahlen, da sie zu hohe Preise für die Nutzung der Bahnhöfe kassiert hatte. Das Kammergericht Berlin hatte den klagenden fünf Privatbahnen in Urteilen aus den Jahren 2012 und 2013 Recht gegeben und eine Revision nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hatte die Bahn in allen Fällen Beschwerde eingelegt. Die Beschwerden wurden jetzt vom Bundesgerichtshof (BGH) zurückgewiesen. Somit sind die Berliner Urteilte rechtskräftig. Die Höhe der Rückzahlungen beträgt nach Angaben von Kammergerichts-Sprecher Dr. Ulrich Wimmer insgesamt 6,4 Millionen Euro, schreibt das Westfalen-Blatt.
Nach Angaben einer BGH-Sprecherin gibt es noch drei weitere Beschwerden der Bahn gegen die Nichtzulassung der Revision. Hier handele es sich um zwei Urteile des Kammergerichts Berlin sowie ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahr 2013. In diesen drei Fällen ist die Bahn zur Rückzahlung von 1,2 Millionen Euro verurteilt worden, heißt es in dem Zeitungsbericht. Der Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr sind insgesamt 27 Klageverfahren zur Rückforderung von Stationsgebühren bekannt. Die Bahn selbst spricht von mehr als 40 Verfahren, da sich die Klagen auf verschiedene Jahre mit unterschiedlichen Preissystemen beziehen.
Die strittigen Stationszahlungen stellten einen Unsicherheitsfaktor bei der Erlösentwicklung dar, heißt es in einem internen Papier der Bahn zur Entwicklung der DB-Infrastrukturpolitik, das vom 25. September 2013 datiert, von den Bahn-Töchtern DB Netz und DB Station & Service verfasst wurde und dem Westfalen-Blatt vorliegt. Die Bahn hat 43,6 Millionen Euro für die Jahre 2005 bis 2011 errechnet, die zurückgefordert werden. Zudem hat die Bahn regionale Klageschwerpunkte aufgelistet. Betroffenen sind die Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Baden-Württemberg, Berlin-Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Zu den Unternehmen die im Rechtsstreit mit der Bahn liegen zählen unter anderem Metronom, Kelios (Eurobahn), Eisenbahnen- und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser, Hellertalbahn, Bodensee-Oberschwaben-Bahn, Breisgau S-Bahn GmbH, Südwestdeutsche Verkehrs-Aktiengesellschaft, Prignitzer Eisenbahn, Ostdeutsche Eisenbahn, Ostseeland Verkehr, Niederbarnimer Eisenbahn und Vogtlandbahn. Die Bahn sei jetzt am Zuge für Transparenz ihres Preissystems zu sorgen, sagte Henckel dem Westfalen-Blatt. Nur so könne Misstrauen abgebaut werden. Henckel: »Wir erwarten, dass die Bahn jetzt die richtigen Weichen stellt und nicht noch versucht, die Millionen-Rückzahlungen im nächsten Jahr zusätzlich auf die Preise zu schlagen.« Ähnlich äußerte sich auch ein Sprecher des Nahverkehrsverbundes Westfalen-Lippe (NWL): »Wir erwarten von der DB, dass die Kosten für die Infrastrukturnutzung nachvollziehbar dargelegt werden.« Zum Beispiel waren die Stationspreise, die von der Hellertalbahn in Südwestfalen kassiert werden sollten, um insgesamt 73 Prozent gestiegen. Bei einzelnen Stationen betrug die Steigerung sogar 300 Prozent. Auch die Hellertalbahn hat nach einer BGH-Entscheidung ihren Rechtsstreit mit der Bahn gewonnen. Die Privatbahn hatte von 2005 bis 2007 zu Recht 470 000 Euro Stationsgebühren zurückbehalten.
Die größten Kostensteigerungen bei den Stationspreisen in Westfalen-Lippe gab es im Jahr 2011. Es wurden rund sieben Millionen Euro mehr an Gebühren gefordert. Da Rückforderungsansprüche nach drei Jahren verjähren, will der NWL Ende 2014 entscheiden, ob gegen das Stationspreissystem 2011 in Gänze Klage erhoben werden soll. Alle Zahlungen, die von 2011 an die Deutsche Bahn geflossen sind, wurden auf Anweisungen des NWL von den Eisenbahnunternehmen unter Vorbehalt gezahlt. Das nordrhein-westfälische Verkehrsministerium hat bereits eine Begrenzung der Kostensteigerungen bei der Infrastrukturnutzung der Bahn gefordert. Hierzu müssten die Regulierungsbefugnisse der Bundesnetzagentur gestärkt werden, sagte ein Ministeriumssprecher der Zeitung.
Die Bahn hat trotz der zahlreichen Klageverfahren gegenüber den Verkehrsministerien der Länder bereits angekündigt, dass die Stationspreise von 2014 auf 2015 bundesweit um 10,5 Prozent und somit von 678 Millionen Euro auf 750 Millionen Euro steigen sollen, berichtet das Westfalen-Blatt. Am stärksten ist Bremen mit einer Erhöhung von 26 Prozent betroffen, gefolgt von Niedersachsen (20 Prozent), Nordrhein-Westfalen (15 Prozent) und Rheinland-Pfalz (13,2 Prozent).
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