Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Zuwanderung
Bielefeld (ots)
Es ist nicht leicht, die deutsche Sprache zu lernen. Doch es scheint sich zu lohnen. 250 000 Menschen haben im vorigen Jahr weltweit an den Goethe-Instituten Deutschkurse belegt. Fünf Prozent mehr als in 2012. Die Steigerung in den südeuropäischen Ländern liegt bei 50 Prozent. Dazu passen die aktuellen Arbeitslosenzahlen in der Europäischen Union (EU): 26,5 Millionen Menschen haben keinen Job, das entspricht einer durchschnittlichen Quote von 10,9 Prozent. In Spanien liegt sie bei 26,7 Prozent in Deutschland bei 6,7 Prozent. Wer etwas leisten und aus seinem Leben etwas machen möchte, im Heimatland aber keine Möglichkeiten findet, der denkt darüber nach, in einen wirtschaftlich stärkeren Staat auszuwandern. Deswegen zieht Deutschland viele Menschen an - und verzeichnet Bevölkerungsgewinne. Die meisten Zuwanderer des Jahres 2013 stammen aus Polen, Rumänien, Italien, Ungarn und Spanien. Während Polen seit 2011 die volle EU-Freizügigkeit für Arbeitnehmer genießen, gilt das für Rumänen erst seit Anfang 2014. Dass sie im Erfassungszeitraum (erstes Halbjahr 2013) an zweiter Stelle liegen, könnte zwei Gründe haben: erstens die hohe Zahl von Werkvertragsarbeitern auf Baustellen und in Fleischbetrieben und zweitens die Zuwanderung von Roma. 10 000 Roma hat allein die Stadt Duisburg registriert. Offiziell. Wie viele Armutszuwanderer sich tatsächlich in der hoch verschuldeten Kommunen aufhalten, ist unklar. Fakt ist allerdings, dass Sozialleistungen von einigen Roma missbraucht werden. Hier will die CSU mit ihrem diskutablen Slogan »Wer betrügt, der fliegt« ansetzen. Die Partei wäre gut beraten, wenn sie bei Zuwanderern aus den südosteuropäischen EU-Staaten deutlich zwischen Arbeits- und Armutsmigration unterschiede. Denn alle Bulgaren und Rumänen, die zu uns kommen, unter einen Generalverdacht zu stellen, ist falsch. Ebenso wenig hilfreich ist ein Urteil des Landessozialgerichts NRW. Die Richter hatten im Oktober einer arbeitssuchenden Roma-Familie Hartz-IV-Leistungen zugesprochen. Ganz offensichtlich erwartet die CSU, dass die Armutszuwanderung ein mitentscheidendes Thema bei der Kommunalwahl in Bayern (16. März) und erst recht bei der Europawahl (25. Mai) werden könnte. Also schlägt sie selbst (einfache) Lösungen des Problems vor, bevor es andere tun. Wer die AfD zum Angstgegner erhebt, bevor diese das Thema besetzt, macht die »Alternative für Deutschland« relevanter, als sie ist. Deutschland kann seinen Wohlstand dauerhaft nur mit der Zuwanderung von Fachkräften in den ersten Arbeitsmarkt erhalten. Dass Migration auch einige negative Folgen hat, steht außer Frage. Diese gilt es zu beherrschen. Und sollte es wirklich zum massenhaften Sozialleistungstourismus innerhalb der EU kommen, müsste Brüssel überlegen, die Herkunftsstaaten zur Zahlung der Sozialleistungen für ihre Bürger zu verpflichten.
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