Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Meseberg
Bielefeld (ots)
Haben Sie auch schon den guten Geist gespürt, der angeblich von Meseberg ausgehen und die ganze Republik begeistern soll? Nein? Es gibt ihn auch nicht. Die Politiker der Großen Koalition würden ihn zwar gerne herbeireden. Aber nur durch gebetsmühlenartig wirkende Erklärungen, wie lieb sich Union und SPD offenbar haben, geht eben kein Ruck durchs Land.
Es sind schöne Bilder von Schloss Meseberg. Aber schöne Bilder machen noch keine gute Politik. Uns wird ein Schmusekurs vorgeheuchelt, der keiner ist, den keiner will und der niemandem weiterbringt. Nach wie vor versuchen Union und SPD krampfhaft Inhalte passend zu machen, die nicht zusammenpassen. Oder sie werden trotz Kontroversen einfach abgenickt und durchgewunken. Zu groß sind die Erinnerungen an den Fehlstart der schwarz-gelben Regierung.
Schmusen statt streiten: So kamen im Barockschloss brisante Themen wie der Mindestlohn, die Pkw-Maut und die Bewältigung der europäischen Staatsschuldenkrise gar nicht erst auf die Tagesordnung. Stattdessen wurden fast drei Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima zum x-ten Male Eckpunkte der Energiewende festgelegt. Die heftige Kritik der Wirtschaft an Sigmar Gabriels Plänen wird weggelächelt, auch von der Kanzlerin. Die Belastungen, die aufgrund der Abgabe zur Finanzierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf die gesamte Wirtschaft zukommen und einen Cent pro Kilowattstunde betragen sollen, werden auf 500 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.
Auch das Rentenpaket von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist wohlwollend abgenickt worden, obwohl es voller Konfliktstoff steckt. Strittig ist, welche Zeiten der Arbeitslosigkeit als Beitragsdauer angerechnet werden. Wie die Datenlücken bei kurzfristiger Arbeitslosigkeit ohne Belege geschlossen werden sollen, ist ungewiss. Dass die Reform bis zum Jahr 2020 etwa 60 Milliarden Euro kosten soll und somit dreimal so teuer wird wie geplant, scheint egal zu sein.
Auffallend ist, dass die SPD in der Großen Koalition die Musik zu spielen scheint. Energiewende und Rentenpaket - die derzeit wichtigsten Themen müssen Sozialdemokraten abarbeiten. Und die Union? Das klare Kräfteverhältnis nach der Bundestagswahl spiegelt sich in den Klausurergebnissen nicht wider. Genauso war es schon in den Koalitionsverhandlungen.
Der einzigen Geist, den Kanzlerin Angela Merkel ihrer Großen Koalition verordnet, ist Teamgeist. Der war bereits kurz nach Beginn der Arbeit abhanden gekommen. Man denke nur an den nicht abgestimmten und unsinnigen Vorschlag der neuen Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), eine 32-Stunden-Woche für Familien einzuführen.
Keiner will Zustände, die in Beleidigungen wie »Gurkentruppe« und »Wildsau« gipfelten. Aber die Große Koalition haben die Menschen nicht gewählt, um ihr beim Kuscheln im Schloss zuzusehen.
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