Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westfalen-Blatt mehr verpassen.

Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkel bei Samaras

Bielefeld (ots)

Der griechische Patient frohlockt. Private Anleger haben die erste Staatsanleihe seit mehr als vier Jahren mehrfach überzeichnet - aus ihrer Sicht durchaus logisch. Der Zinssatz von 4,75 Prozent ist schließlich attraktiv, das Risiko angesichts der politischen Rückendeckung aus Brüssel und der Anbindung an britisches Recht gering. Beides wiegt mehr als die Tatsache, dass sich Athen neue, in dieser Höhe verzinste Kredite eigentlich nicht leisten kann.

Der Start des Anleiheprogramms einen Tag vorm Besuch der Bundeskanzlerin ist vor allem eines: großes Theater. Die Vorstellung soll sowohl die um ihre knappe Mehrheit fürchtende Regierung von Premierminister Antonis Samaras als auch Merkels eigenen Europawahlkampf stützen. Warum nicht? Kredite, die von Privatanlegern gegeben werden, sind allemal besser als staatliche Rettungsschirme. Ob am Ende nicht doch wieder die anderen europäischen Steuerzahler geradestehen müssen, wird sich erst später herausstellen. Dann hat die Inszenierung ihre Wirkung getan und ist möglicherweise vergessen.

Auf der anderen Seite steht fest: Ein Patient, der Theater spielt, wird deshalb nicht schneller gesund. Dazu müsste er seinen Lebensstil nachhaltig ändern. Entsprechende Schritte wurden tatsächlich gemacht. Man sollte über sie nicht witzeln, denn viele sind sehr schmerzhaft. Die anhaltenden Proteste auf Griechenlands Straßen, die am Tag vor Merkels Besuch in der Explosion einer Autobombe gipfelten, zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerung weiterhin Brüssels Therapie nicht akzeptiert hat. Ein kleiner Schwenk, und die Regierung könnte stürzen.

Um mehr Menschen für den Reformkurs zu gewinnen, genügt keine noch so gelungene Inszenierung. Dafür müssten die Investitionen deutlicher steigen. Es gibt offenbar im Ausland genug Geld für die Anlage in griechischen Staatsanleihen, aber definitiv zu wenig, um den Aufbau einer konkurrenzfähigen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft zu fördern. Nur wenn sich das ändert und der Privatwirtschaft endlich genug zinsgünstige Kredite zur Verfügung gestellt werden, wird die Arbeitslosigkeit sinken. Erst dann kann der griechische Patient gesunden.

Natürlich ist es richtig, dass sich Griechenland im Jahr 2000 den Beitritt zur Eurozone teils mit falschen Zahlen erschlichen hat. Und es bleibt dabei, dass die Hellenen viele Jahre über ihre Verhältnisse gelebt haben. Doch indem man immer wieder auf die historischen Defizite verweist, werden die Griechen nur demotiviert. Stattdessen braucht es konkrete Hilfen von der Art, wie sie Angela Merkel auch nach Athen mitgebracht hat. Die 100 Millionen Euro für eine staatliche Förderbank mögen noch nicht ausreichen. Aber sie sind immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westfalen-Blatt
Weitere Storys: Westfalen-Blatt
  • 11.04.2014 – 19:40

    Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Ukraine-Krise

    Bielefeld (ots) - Die Drohung des russischen Präsidenten Wladimir Putin an die EU ist nach allen Regeln der Kunst diplomatisch verpackt und trotzdem ganz und gar unmissverständlich: Passt bloß auf, ihr Europäer, dass euch nicht bald schon das Gas ausgeht. Das freilich läge dann natürlich nicht an Russland, sondern ausschließlich an dem »unzuverlässigen« ...

  • 09.04.2014 – 20:30

    Westfalen-Blatt: zur Anschaffung von Taschenrechnern an Schulen

    Bielefeld (ots) - Ob die 100 Euro teuren Grafik-Taschenrechner für Oberstufenschüler technisch veraltet oder auf neuem Stand gewesen wären, spielt in der Diskussion eine nachrangige Rolle. Das Schulministerium hat die Zwangsanschaffung bestimmter Geräte gekippt - und überlässt den Schulen nun die Entscheidung, welche Rechner mit welcher Software benutzt werden. Zuvor hatten Eltern (wegen der Kosten) und Experten ...

  • 09.04.2014 – 20:30

    Westfalen-Blatt: zu Auto-Rückrufen

    Bielefeld (ots) - VW-Chef Martin Winterkorn ist ein Verfechter kompromissloser Qualität. Nicht nur dabei liegt er mit den Chefs von General Motors und Toyota, den beiden anderen Großen der Autoindustrie, auf einer Linie. Sie alle wollen auch möglichst viele Autos verkaufen. Das aber funktioniert auf Dauer nur, wenn die Kunden mit den Fahrzeugen zufrieden sind. Und hier kommt die Qualität ins Spiel. Sie muss ...