Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur USA
Bielefeld (ots)
Ärger macht blind. Nur so lässt sich das wilde politische Pendelschlagen in den USA erklären. Nachdem die Amerikaner Barack Obama vor gerade einmal zwei Jahren als ersten Demokraten seit Franklin D. Roosevelt im Weißen Haus wiedergewählt hatten verpassten sie dem Präsidenten bei den Kongresswahlen nun einen saftigen Denkzettel. Die Wähler haben die Nase voll von den politischen Grabenkriegen in Washington, die der einstige »Hope-and-Change«-Präsident eigentlich überwinden wollte.
Damit geht die Blockade-Strategie der weit nach rechts gerückten Republikaner auf. Indem sie jede Initiative des Weißen Hauses abwürgten, halfen sie den Eindruck zu erzeugen, unter Obama komme nichts voran. Zur Meisterschaft darin brachte es der bisherige Minderheitsführer im US-Senat Mitch McConnell. Der nutzte seine Sperrminorität schamlos aus, dem Präsidenten Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
Das Ergebnis ist ein Paradox. Die Amerikaner verschafften ihrem Frust Ausdruck, indem sie noch mehr Stillstand wählten. Mit der Kontrolle über beide Häuser im US-Kongress können die Republikaner den Präsidenten vor sich hertreiben.
Da Obama endgültig zur »lahmen Ente« wird, geht es für ihn nun um sein politisches Erbe. Deshalb wird er das Erreichte verteidigen, allen voran die Gesundheitsreform.
Der Präsident hat sich einen Teil des Problems selbst zuzuschreiben. Ironischerweise erweist sich der im Wahlkampf für seine Redekunst gefeierte Rhetoriker im Weißen Haus als denkbar wenig effizienter Kommunikator. Statt seine Politik zu erklären und zu verkaufen, überlässt er den Republikanern die Definitionsgewalt. Die nutzen das Vakuum geschickt, aus Obama eine Karikatur zu machen.
Als verheerend erweist sich auch sein fehlender Mut, politische Risiken einzugehen. Damit enttäuschte er zuletzt die Latinos, denen Obama nach dem Scheitern der Einwanderungsreform versprochen hatte, auf eigene Faust zu handeln. Der Visionär von 2008 schrumpfte vor den Kongresswahlen 2014 so zu einer Krämerseele zusammen. Der Präsident und seine Partei kämpfen nicht für ihre Politik und werden dafür abgestraft. Kein Wunder, dass viele Demokraten zuhause blieben, die Obama ins Weiße Haus verholfen hatten: Minderheiten, Junge und Arbeiter.
Die Republikaner haben in den vergangenen sechs Jahren zwar nur »Nein« gesagt, das aber mit tiefer Überzeugung. Geschickt beuteten sie im Wahlkampf die verbreiteten Unsicherheiten aus, die in Ebola und IS zwei kräftige Symbole gefunden haben. Der Kombination aus Frust und Angst hatten die Demokraten nicht viel entgegenzusetzen. Dennoch bedeutet der republikanische Tsunami nicht unbedingt einen Rechtsruck. Wenn die Konservativen ihre neue Macht im Kongress überziehen, riskieren sie 2016 den Rückschlag bei den Präsidentschaftswahlen.
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