Westfalen-Blatt: zur AfD
Bielefeld (ots)
Schlechte Nachrichten für Oliver Welke. Der Moderator der »heute-show« im ZDF hatte die AfD zuletzt noch angefleht, nicht auseinanderzufallen, weil er sich sonst nicht mehr über sie lustig machen könne. Nun scheint aber genau das einzutreten. Bernd Lucke, der Gründer und das Gesicht der rechtskonservativen Partei, hält die Flügelkämpfe für unüberbrückbar. In der Tat zeigt die Erfahrung, dass eine Partei explodiert, wenn die Fliehkräfte in ihr zu ausgeprägt sind. Durch den Machtkampf zwischen ausländerfeindlichen »Pegida«-Sympathisanten und Wirtschaftsliberalen, die für die Rückkehr zur D-Mark werben, hatte die AfD schon vor Monaten aufgehört, eine Alternative für Deutschland zu sein. Luckes neuestes Eingeständnis mutet wie der Schlussstrich unter ein kurzes, unglückliches Parteienintermezzo an. Eines dürfte doch klar sein: Würden die unterschiedlichen Strömungen jeweils eine eigene Partei gründen, verschwänden die schnell wieder in der Versenkung. Eine von Rechtsextremen unterwanderte NPD 2.0 wäre genauso überflüssig wie eine wirtschaftsliberale Partei in Konkurrenz zur FDP. Die großen Verlierer der AfD-Selbstzerstörung sind ihre Wähler. Sie verzweifeln daran, dass sich die Funktionäre mit sich selbst beschäftigen statt mit den Herausforderungen im Land. Wofür die AfD programmatisch steht, ist den Wählern völlig schleierhaft geworden. Das Beispiel AfD zeigt: Im deutschen Parteiensystem, das wie ein monolithischer Block erscheint, ist es extrem schwer, etwas Neues zu etablieren. Das hat vor der AfD bereits die Piratenpartei zu spüren bekommen. CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke und die FDP, die vom Niedergang der AfD profitieren werden, bilden den Rahmen, in dem sich hierzulande Politik bewegt. Sie haben es geschafft, fast alle Strömungen zu integrieren oder so zu bekämpfen, dass sie bedeutungslos wurden. Die deutsche Bevölkerung hat das goutiert, sie will keinen Parteienwirrwarr wie in anderen Ländern, sie will möglichst klare Verhältnisse, Verlässlichkeit - und innerhalb der Parteien will sie Geschlossenheit. Reinigungsprozesse, Machtkämpfe und größtmögliche Transparenz fordern Wissenschaftler und Journalisten, der Wähler möchte dagegen, dass seine Partei nach außen geschlossen auftritt. Dass zum Beispiel die CDU seit Jahrzehnten Verlässlichkeit ausstrahlt, macht sie vertrauenswürdig. Natürlich gab es auch unter Adenauer, später dann unter Kohl Kritiker, die Reformen forderten und ihr Missfallen ausdrückten, aber am Ende versammelten sich alle wieder hinter dem Schild der Partei. Geschlossenheit war stets das Wichtigste, auch wenn es manchmal scheinheilig wirkte. Von Geschlossenheit ist die AfD meilenweit entfernt. Ihr ist es nie gelungen, den Eindruck von Seriosität zu erwecken. Stattdessen wird sie von Machtkämpfen und Profilneurosen lahmgelegt.
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