Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Betreuungsgeld
Bielefeld (ots)
Ach, die CSU und ihr Wahlkampfministerpräsident Horst Seehofer. Erst fährt »seine« Pkw-Maut mit voller Wucht vor die Wand. Ein paar Wochen später wird das Betreuungsgeld kassiert - wegen eines Formfehlers. Dumm gelaufen und gleichzeitig höchst blamabel auch für die Bundesregierung insgesamt.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist aus mehreren Gründen gut und richtig. Nicht, weil Familien in Deutschland keine Unterstützung benötigen, sondern weil dieses Gesetz voller handwerklicher Fehler und falscher Herangehensweisen steckt. Vor allem aber löst es die Probleme nicht, vor denen viele Familien heutzutage stehen. Wie und ab wann lassen wir unser Kind betreuen? Betreuen wir es selbst? Können wir das Kind guten Gewissens in die Kita geben? Wann steigt die Frau oder der Mann wieder in den Job ein? Wie lässt sich das alles organisieren und finanzieren? Das Betreuungsgeld ist ganz sicher nicht die richtige Antwort auf Fragen, die Eltern sich völlig zu Recht stellen.
Rein formell ist das Betreuungsgeld selbstverständlich Ländersache und nicht Aufgabe des Bundes, denn Bremen ist nicht Bayern und Nordrhein-Westfalen nicht mit Mecklenburg-Vorpommern oder dem Saarland zu vergleichen.
Inhaltlich ist die Politik nach dieser Blamage aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wie Familie und Beruf besser in Einklang zu bringen sind und Kinder in Deutschland betreut werden sollten. Wenn Bayern jetzt stur einen eigenen Weg geht, der Bund dafür zahlen soll und auch andere Länder die Hand aufhalten, ist das genauso falsch wie die Forderung einiger Politiker, die eingesparten 1,2 Milliarden Euro für die Flüchtlingspolitik auszugeben, statt in den Kita-Ausbau zu stecken.
Die Bundesregierung sollte das Urteil dazu nutzen, die Stellschrauben der frühkindlichen Bildung in vielerlei Hinsicht neu zu justieren und in die Kita-Qualität massiv zu investieren, wie es auch das Deutsche Kinderhilfswerk fordert. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss ein Schwerpunktthema werden. Das wünschen sich die Eltern - auch und insbesondere von Kanzlerin Angela Merkel.
Das Betreuungsgeld hat niemandem geschadet, aber strukturell nichts verbessert. Es war Makulatur. Sieht man einmal vom Vorwurf ab, das Betreuungsgeld nur zu Wahlkampfzwecken genutzt zu haben, war es vom Grundsatz her zwar gut gedacht, Familien zu unterstützen, aber schlecht gemacht.
Man möchte den Politikern nach dieser Entscheidung zurufen: Macht es nicht einfach, sondern einfach besser!
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