Westfalen-Blatt: zu IWF und Griechenland
Bielefeld (ots)
Bisher hat die Bundeskanzlerin stets darauf beharrt, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) bei der Griechenland-Rettung mit im Boot sein müsse. Angela Merkel brauchte die Washingtoner UNO-Bank, um die laxen Geldverleiher auf dem eigenen Kontinent, von Hollande bis Juncker, in Schach zu halten. Kein Geld ohne Bedingungen. Beim dritten Rettungspaket aber weigert sich IWF-Chefin Christine Lagarde bisher, sich zu beteiligen. Und die Kanzlerin kann ihren zweifelnden Abgeordneten nur noch die Hoffnung verkünden, dass man sie schon noch überzeugen werde. Man möge trotzdem zustimmen. Das ist noch keine 180-Grad-Wende. Aber eine um 179 Grad. Viel wichtiger als die Frage von Wortbrüchen oder Kurskorrekturen ist allerdings, was der Internationale Währungsfonds in der Sache zum dritten Rettungspaket sagt. Der IWF war schon bisher die einzige Institution unter den drei beteiligten Rettern, die eine (selbst)-kritische Bilanz gezogen hat, eine Bilanz im Übrigen, die sich gar nicht so sehr von der des ehemaligen griechischen Finanzministers Varoufakis unterscheidet: Dass man nämlich die griechische Wirtschaft und Gesellschaft mit den ersten Spar- und Reformprogrammen überfordert habe, so dass die Krise immer tiefer geworden sei, statt Wachstum zu erzeugen. Jetzt erklärt Lagarde, dass die neuen 86 Milliarden Euro in ein Fass ohne Boden geschüttet werden. Nichts anderes bedeutet ihr öffentlicher Zweifel an der griechischen Schuldentragfähigkeit. Varoufakis würde noch hinzufügen, dass die Kreditgeber es gefälligst selbst auslöffeln sollen, wenn sie so einem Land so leichtfertig immer weiteres Geld geben und es immer abhängiger machen. Nun fordert auch der IWF einen Schuldenschnitt, wissend, dass er seine Kredite als erster zurückbekäme. Die Milliarden hingegen, die Merkel für den deutschen Steuerzahler ausgegeben hat, wären verloren. Das will die Kanzlerin um jeden Preis vermeiden, jedenfalls mindestens bis zur Bundestagswahl Ende 2017. Also schlägt sie dem IWF stattdessen nun längere Laufzeiten und niedrigen Zinssätze bei den Griechenland-Krediten vor. Und hofft, dass den Washingtonern das reicht. Der IWF soll nach deutschem Willen damit praktisch seine bisherigen strengen Vergaberichtlinien verlassen. Das gefährdet seinen Ruf und wird für Ärger bei seinen anderen 187 Mitgliedsstaaten sorgen, von denen einige vielleicht auch gerne Geld bekämen, das sie später nicht zurückzahlen müssen. Auf dieser Ebene ist nun plötzlich also die Bundeskanzlerin die Weichmacherin, wie sie auch schon die lockere Geldpolitik der EZB klaglos hinnimmt. Eigentlich gar nicht sehr viel anders als Hollande und Juncker.
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