Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Flüchtlingspolitik
Bielefeld (ots)
Kein Land in Europa nimmt so viele Menschen auf wie Deutschland. Da liegt es nahe, dass nirgendwo so heftig über den Umgang mit Flüchtlingen gestritten wird wie bei uns.
Das Schlimme an der Debatte ist die Polarisierung: Zwischen »Lasst alle rein« und »Schmeißt alle raus« dringen vernünftige, pragmatische Vorschläge zu selten durch. Wenn nur die schrillsten Forderungen öffentlich wahrgenommen werden, radikalisieren sich die Einstellungen. Und zwar so weit, dass manche Leute Gebäude anzünden, in denen Flüchtlinge leben sollen oder sogar schon leben.
Eine große Mehrheit in unserem Land will Menschen helfen, die aus Kriegsgebieten kommen und um ihr Leben gefürchtet haben. Eine Mehrheit ist ebenso dafür, zwischen Asylsuchenden und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden. Das sind keine Gegensätze. Im Gegenteil: Wer nur wegen unseres großzügigen Sozialsystems kommt, schadet denen, die einen gesetzlichen Anspruch auf Asyl haben. So engagiert der humanitäre Einsatz der politischen Spitze für Flüchtlinge ist: Die Bundesregierung muss jetzt aufpassen, die eigene Bevölkerung auf dem Weg zu möglichen Lösungen der Flüchtlingskrise nicht zu verlieren.
Ein hohes Maß an Freiheit und Sicherheit sowie der einigermaßen stabile soziale Frieden sind Errungenschaften dieses Landes. Viele Bürger sehen den Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt durch die derzeit noch ungeordnete Zuwanderung gefährdet. Wenn Politiker und auch die Medien diese Sorgen und Vorbehalte nicht ernst nehmen, gefährden sie die Akzeptanz für humanitäre Hilfe, die Flüchtlinge hier bekommen.
Niemand sollte als Nazi beschimpft werden, weil er es ablehnt, dass die Flüchtlinge aus aller Welt von heute mit den deutschen Vertriebenen von damals gleichgesetzt werden. Natürlich ist der Vergleich unzulässig, weil die Menschen eine deutsche Identität hatten.
Was der Bereitschaft, Asylbewerber aufzunehmen und zu unterstützen, am meisten schadet: die überzogenen Forderungen von Parteien und politischen Gruppen, die sich für die mehr oder weniger unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen einsetzen - und Gehör finden. Wenn sie von menschenwürdiger Unterbringung sprechen, meinen sie den gängigen, hohen Standard im Land. Kann das der Maßstab sein?
Wenn Flüchtlinge bei Unterkunft und Gesundheitsversorgung gleich- oder bessergestellt werden als die einheimische Bevölkerung, sinkt die Akzeptanz. Auf diesen wirtschaftlichen Faktor weisen Extremismusforscher immer wieder hin.
Die Situation ist hochsensibel, nicht nur in Sachsen. Die Politik muss die Gesellschaft davon überzeugen, richtig zu handeln. Sonst werden die Bürger den Bundespräsidenten, die Bundeskanzlerin und die Bundesminister an den Amtseid erinnern. Darin ist vom Wohl des Volkes die Rede.
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