Westfalen-Blatt: zur CDU
Bielefeld (ots)
Angela Merkel bleibt gern im Ungefähren. Das war auch so, als sie sich beim CDU-Bundesparteitag für ein Burkaverbot aussprach. Die Kanzlerin hatte ihren Satz noch nicht beendet, da brandete in der Essener Grugahalle der lauteste Beifall während ihrer Rede auf. Im Applaus ging allerdings Merkels einschränkender Nachsatz zum Verbot der Vollverschleierung unter: »Wo immer dies rechtlich möglich ist.« Es ist bezeichnend, dass die 1000 Delegierten am stärksten auf ein Symbolthema reagierten und gar nicht mehr genau hinhörten. Die Parteibasis - und das sind nicht nur Delegierte und Mitglieder, sondern auch Stammwähler - giert nach diesen Themen. Der Grund: Die CDU ist verunsichert und will sich ihrer Identität als Partei vergewissern. Das fällt mit einer Vorsitzenden, die mit dem Erbe Konrad Adenauers und Helmut Kohls zunehmend fremdelt, nicht leicht. Das war vor sechs Jahren, als Merkel Multikulti für »absolut gescheitert« erklärt hatte, noch anders. Auch die Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft hat etwas Symbolhaftes. Dass eine knappe Mehrheit der Delegierten dem Antrag der Jungen Union folgte, die Optionspflicht wieder einzuführen, ist bemerkenswert. Denn natürlich wissen die Delegierten, dass die Abschaffung des Doppelpasses nur bei einer Alleinregierung der Union oder in einer Koalition mit der AfD durchsetzbar wäre. Beides ist unrealistisch. Zwischen Angela Merkel und der CDU herrscht seit Beginn der Flüchtlingskrise vor 15 Monaten eine Art Arbeitsverhältnis. Das hat sie gestern mit ihrer Ablehnung des Doppelpass-Beschlusses ziemlich deutlich gemacht. Große Teile der Basis gehen den Flüchtlingskurs der Kanzlerin nicht mit - aus der Überzeugung, dass Merkels Weg ein Irrweg sei und der Partei schade. In diesem Jahr hat die CDU sicher geglaubte Wahlsiege in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verspielt - in erster Linie wegen des Flüchtlingskurses der Vorsitzenden. Diesen Kurs wird sie nicht ändern können, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Angela Merkel hat sich festgelegt, dass es mit ihr keine Obergrenze geben wird. Daran wird sie bis zur Bundestagswahl festhalten müssen, auch wenn deswegen die Wahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verloren gehen sollten. Zum Schwur kommt es schon im Februar. Dann beginnen die Gespräche von CDU und CSU für ein gemeinsames Programm zur Bundestagswahl. Horst Seehofer wird es nicht reichen, auf illegale Zuwanderung nur zu reagieren. Der CSU-Chef will sie verhindern - wie auch viele in der CDU. »Ihr müsst mir helfen« hat Angela Merkel gefordert. Auch in Parteien hat Hilfsbereitschaft Grenzen.
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