Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur kommentierten »Mein Kampf«-Ausgabe
Bielefeld (ots)
Von der kommentierten »Mein Kampf«-Ausgabe sind 85000 Exemplare verkauft. Ein Bestseller? Es gibt keine Verkaufszahlen, die besagen, ab wann ein Buch ein Bestseller ist.
Käufer sind vor allem Lehrer, und es steht zu befürchten, dass sie das Buch im Unterricht einsetzen wollen. Man ahnt, wo das endet. Abiturienten können nicht mal mehr Quellentexte von Sekundärliteratur unterscheiden. Was Inhalte angeht, ist noch viel weniger präsent. Ein Häppchen Antike, eine Prise Mittelalter, obendrauf ein Löffelchen Hitler - fertig ist das Weltbild. In diesem Historien-Fast-Food ist kein Raum für komplexe Erkenntnisse. Wie hieß es schon in der »Feuerzangenbowle«: Da stelle mer uns mal janz dumm - Hitler allein war schuld. Steht in »Mein Kampf«. Wir wussten von nichts.
Im Gong zur Pause überhört man, dass die Wissenschaft diesen Aberglauben längst pulverisiert hat: »Mein Kampf« erklärt nichts. Die Schüler aber, die man mit dem Pamphlet traktiert, werden wissensmäßig wieder in der Steinzeit katapultiert. Oder war's die Vormoderne? Biedermeier? Egal: 50er Jahre. Nichts, was jungen Menschen Orientierungshilfe im Hier und Jetzt geben könnte.
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