Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Kruzifixdebatte
Bielefeld (ots)
Im 19. Jahrhundert wollte Reichskanzler Bismarck den Einfluss der Kirchen zurückdrängen. Der erbitterte Streit ging als »Kulturkampf« in die Geschichte ein. Was wir gegenwärtig erleben - in Bayern, aber nicht nur dort - ist ein umgekehrter Kulturkampf. Nicht das Zurückdrängen von Kirche und Religion, die Betonung ihrer geschichtlichen Bedeutung für das Werden des Landes rücken in den Blick. Der Begriff vom »christlichen Abendland« hat Hochkonjunktur - trotz immer weniger Kirchenmitgliedern. Und jetzt versuchen Vertreter des Staates, das Christentum und sein zentrales Symbol, das Kreuz, für ihre Politik zu vereinnahmen. Darf das sein, in einem Land, das sich in Religionsfragen per Grundgesetz Neutralität verordnet hat? Führende Vertreter beider großer Kirchen sagen Nein. Präses Annette Kurschus spricht von einer »politischen Instrumentalisierung«. Theologisch hat sie recht. Das Kreuz ist für Christen nicht das Markenzeichen ihrer Heimat. Vertreter einer traditionellen Volkskirche sehen in Söders Kruzifixpflicht jedoch ein notwendiges, identitätsstiftendes Signal. Dessen Wirkung in der breiten Öffentlichkeit sollte niemand unterschätzen.
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