Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Streit in der Union
Bielefeld (ots)
Folgt dem verpatzten WM-Auftakt von Moskau gestern heute das traurige Endspiel in Berlin? Wie auch immer: Das Verhältnis zwischen CDU und CSU ist zerrüttet. So lange Angela Merkel auf der einen Seite agiert und Horst Seehofer auf der anderen, wird es kein Miteinander der »Schwesterparteien« mehr geben.
Demzufolge wäre es nur konsequent, wenn CDU und CSU jetzt ihre Fraktionsgemeinschaft auflösen. Fortan würde jede Partei für sich streiten - im Bund wie in den Ländern. Apropos: Bis zum 2. August hätte die CDU noch Zeit, ihre Teilnahme an der Landtagswahl in Bayern anzumelden. Natürlich wird es nicht so kommen, denn damit würde das ohnehin schon ferne Ziel der CSU, am 14. Oktober die absolute Mehrheit zu verteidigen, endgültig unerreichbar werden.
Andererseits fragt man sich, wie ein Kompromiss aussehen soll, den Merkel und Seehofer gleichermaßen als Erfolg verkaufen könnten. Die Kanzlerin jedenfalls kann sich kaum von ihrem Innenminister vorführen lassen. Tut sie es doch, ist ihre sowieso schon ramponierte Autorität vollends dahin. Die CSU wiederum hat den Mund (bereits zum wiederholten Male) so spitz gemacht, dass der Pfiff nun schon ziemlich laut sein muss, um nicht eine neuerliche Enttäuschung unter den eigenen Anhängern auszulösen.
Dabei ist nicht der Konflikt an sich das Problem, denn ohne Konflikte ist kein demokratischer Staat zu machen. Erst recht, wenn es um zentrale Fragen des Zusammenlebens geht. Und die Flüchtlingspolitik ist eine solche Frage. Hier geht es um ein Thema, das die Gesellschaft im Innersten bewegt.
Nein, es ist vielmehr die Unversöhnlichkeit, die verstörend wirkt. Wenn ein Ultimatum gesetzt und das »Ende des Multilateralismus« herbeigeredet wird, wenn in der CSU gezielt Worte wie »Asyltourismus« und »Asylgehalt« verwendet werden, darf man fragen, wie groß das Interesse an einer Lösung seitens der Herren Seehofer, Söder und Dobrindt ist.
Ebenso hat die Kanzlerin allen Grund, sich zu prüfen. Viel zu lange schon nimmt sie es billigend in Kauf, dass ihr die eigene Partei nur aus machtpolitischen Gründen und nicht aus Überzeugung folgt. Gewiss, die Migrationsfrage ist kompliziert, nur international und trotzdem nicht schnell zu lösen. Doch: Merkels Erklärungen verfangen zu selten, und Erfolge konnte sie auf europäischer Ebene zuletzt kaum erzielen.
Nun droht die CDU endgültig in Geiselhaft ihrer Kanzlerin zu geraten. Was für die Zukunft der Partei nichts Gutes bedeuten kann. Und aller Leidensfähigkeit der Christdemokraten zum Trotz: Auf Dauer lässt sich ein Kurs gegen die eigene Basis nicht durchhalten. Das Vorgehen der CSU mag angesichts der möglichen Folgen unverantwortlich sein, doch auch die CDU steht am Scheideweg.
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