Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Großen Koalition
Bielefeld (ots)
Kompromiss hin oder her: Zu einem guten Ende konnte die Causa Maaßen nicht mehr kommen. Dafür ist der Schaden, der angerichtet wurde, zu groß. Oder wie es der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sagt: »Es wird immer schwieriger, den europäischen Partnern zu erklären, warum sich die Große Koalition in immer neue Konflikte verstrickt, die eigentlich von geringer Bedeutung sind.« Zu Oettingers Verzweiflung gesellte sich am Wochenende die Kritik weiterer führender CDU-Politiker. Vom hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, der am 28. Oktober eine Wahl zu bestreiten hat, bis hin zu Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Am deutlichsten wurden NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. »Das, was Berlin im Moment bietet, ist nicht mehr erträglich«, sagte Laschet. Und Kramp-Karrenbauer schrieb in einer Mail an die CDU-Mitglieder - schon der zweiten binnen weniger Tage übrigens -, dass es auch um die Frage gehe, »ob sich alle Koalitionsparteien weiter hinter dem gemeinsamen Auftrag versammeln können«. In der Tat dokumentiert der gesamte Vorgang eine beispiellose Entfremdung der Regierungspartner. Andernfalls hätte sich SPD-Chefin Andrea Nahles wohl kaum in aller Öffentlichkeit zu der ultimativen Forderung und dem Versprechen verstiegen: »Herr Maaßen muss gehen, und ich sage Euch, er wird gehen.« Und andernfalls wäre es wohl kaum zum Winkelzug des CSU-Chefs Horst Seehofer samt der abenteuerlichen Idee der Rausschmiss-Beförderung gekommen. Politik-Hasardeure allerorten, die jetzt allesamt als Verlierer dastehen. Das gilt auch für Angela Merkel. Denn dass eine solch ungeheure Instinktlosigkeit überhaupt in Erwägung gezogen werden konnte, zeigt, wie es um die Kanzlerin bestellt ist. Offenkundig ist sie nicht mehr in der Lage oder nicht willens, ihre Richtlinienkompetenz einzusetzen. Schlimm wäre beides. Es spricht Bände, dass es Andrea Nahles war, die am Freitag vor die Kameras ging, um der staunenden Öffentlichkeit zu erklären: »Wir haben uns alle drei geirrt.« Nun ist es zwar allemal besser, Fehler einzugestehen und sie zu korrigieren, als stumpf zur Tagesordnung überzugehen und so alle Vorurteile gegenüber dem politischen Betrieb zu bestätigen. Doch bleibt es bemerkenswert, wenn der Kanzlerin dabei nur noch eine Nebenrolle zukommt. Denn noch ist es die von Angela Merkel geführte Regierung, die sich hier gerade vor aller Welt bis auf die Knochen blamiert hat. So bleibt der Fall Maaßen vor allem Angela Merkels Menetekel und sichtbares Zeichen ihres Machtverfalls. Und gut möglich ist, dass wir morgen bei der Wahl des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden bereits das nächste erleben.
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