Westfalen-Blatt: zum Thema sexueller Missbrauch
Bielefeld (ots)
Mehr als 13.000 kinderpornografische Dateien, 1000 Einzeltaten, mindestens 23 sexuell missbrauchte Kinder - und vermutlich gibt es noch weitere Opfer: Die Zahlen der Straftaten, zu denen es unter anderem auf einem Campingplatz im lippischen Lügde gekommen sein soll, machen fassungslos und wütend zugleich. Die Ermittlungen stehen zwar noch am Anfang, aber das Ausmaß des Falles ist schon zu ahnen. Er wirft viele Fragen auf: Wie konnte der Missbrauch zehn Jahre lang unentdeckt bleiben? Wieso ist niemandem auf dem Campingplatz etwas aufgefallen? Und wieso wird einem offenbar arbeitslosen Junggesellen, der in einem Wohnwagen lebt, ein Pflegekind anvertraut? Laut Staatsanwaltschaft gab es schon 2016 Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung. Die Behörden ließen das Mädchen jedoch auf dem Campingplatz. Deshalb wird nun auch das Verhalten der Jugendämter des Landkreises Hameln-Pyrmont und des Kreises Lippe überprüft. Die Frage ist: Hat dort jemand Fehler gemacht? Wie war die Kommunikation zwischen den Behörden aus zwei Bundesländern? Ist da etwas schiefgelaufen? Gibt es organisatorische Mängel? Oder war der Missbrauch für die Mitarbeiter der Jugendämter wirklich nicht zu erkennen? Fest steht, dass die drei verdächtigen Männer aus Lügde, Steinheim und Stade über das Darknet kommunizierten. Dort gibt es keine zentralen Server. Stattdessen schließen sich viele Computer zu Netzwerken zusammen. Die Nutzer wollen anonym bleiben, die Daten werden verschlüsselt übertragen, deshalb ist das Darknet schwer zu überwachen. Bei sexuellem Missbrauch suchen die Täter ihre Opfer häufig im sozialen Nahbereich und nutzen das Vertrauen der Kinder aus. Offenbar war es auch in Lügde so. Die Kinder sollen »größtenteils aus dem Umfeld des Campingplatzes« stammen. Der 56-jährige Hauptverdächtige soll eine Atmosphäre geschaffen haben, in der sich die Kinder zunächst wohlfühlten. Er soll Ausflüge in Schwimmbäder und Freizeitparks mit ihnen unternommen und Geschenke gemacht haben. Dann soll er Druck aufgebaut haben, um sie zu missbrauchen. Manche Eltern werden sich jetzt fragen, wie sie ihr Kind schützen können. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht. Aber Eltern können ihre Kinder ermutigen, über ihre Gefühle zu sprechen. Sie können versuchen, das Selbstbewusstsein ihres Nachwuchses zu stärken. Die Kinder müssen zuhause lernen, dass sie Grenzen setzen dürfen und dass diese Grenzen auch akzeptiert werden. Selbstbehauptungskurse können dabei helfen. Für die Opfer wird es nicht leicht werden, wieder ein halbwegs normales Leben zu führen. Die Behörden müssen nun schnell dafür sorgen, dass den Kindern alle erdenkliche Unterstützung zuteil wird.
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