Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Ärztemangel
Bielefeld (ots)
Wer Ostwestfalen-Lippe nicht zu schätzen weiß, war noch nie hier oder er ist selbst schuld. Denn hier ist das Leben mit gesunden sozio-ökonomischen Strukturen und einem über Jahrhunderte gewachsenen, attraktiven Kulturraum besonders lebenswert. Und doch ist nicht alles Gold, was glänzt. Die neuesten Zahlen zur ärztlichen Versorgung sind sogar regelrecht alarmierend. Prinzipiell gibt es zwar genug Ärzte, das Problem ist nur: Die meisten von ihnen möchten nicht auf dem Land arbeiten. Ein echter Standort-Nachteil für das weitgehend ländlich geprägte OWL also. Auch die Aussichten sind alles andere als rosig. Bereits heute sind nach Zahlen der NRW-Gesundheitsministeriums mehr als die Hälfte der praktizierenden Hausärzte älter als 55 Jahre. Zwar werden jedes Jahr 2000 Ärzte ausgebildet, doch will nur jeder Zehnte davon Hausarzt werden. Zugleich gehen jedes Jahr deutlich mehr als 400 Hausärzte in den Ruhestand. Alleine im Jahr 2018 waren es 508 im Vergleich zu 255 neuen allgemeinmedizinischen Facharztanerkennungen. Höchste Zeit also, dass etwas passiert. Umso besser, dass Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) mit der ihm eigenen Beharrlichkeit sowohl die Landarztquote als auch den Bau der Medizin-Fakultät in Bielefeld durchgesetzt hat. Doch es wird dauern, bis die ersten mit Landarztquote ausgewählten 145 Medizin-Studenten als Arzt praktizieren. Gleiches gilt für die Absolventen der Medizin-Fakultät, die im Wintersemester 2021/22 mit zunächst 48 Erstsemestern und 48 Studenten des fünften Semesters ihre Arbeit aufnehmen soll. Ziel ist, dass vom Wintersemester 2025/26 an insgesamt 300 Medizin-Studienplätze in Bielefeld zur Verfügung stehen. Setzt der NRW-Gesundheitsminister bei der Medizin-Fakultät auf den so genannten Klebe-Effekt, wonach die angehenden Mediziner im Laufe ihres Studiums im Idealfall die Vorzüge ihrer ostwestfälischen Wahlheimat gleich so kennen und schätzen lernen, dass sie hier bleiben, ist der Kurs bei der Landarztquote direkter. Zwar sagt Laumann: »Diejenigen, die sich vorstellen können, als Hausärztin oder Hausarzt in einer unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Region tätig zu werden, sollen eine Chance auf einen Medizinstudienplatz bekommen. Auch ohne Spitzenabitur, aber mit einer entsprechenden Motivation für die gesundheitlichen Belange der Menschen auf dem Land.« Doch gilt auch: Wer's sich hinterher anders überlegt, muss mit empfindlichen Strafzahlungen rechnen. Ob Landarztquote oder Medizin-Fakultät: So oder so mag der Weg weit sein, doch bleibt er richtig. Beide Maßnahmen sind dringend notwendig, um Ostwestfalen-Lippe attraktiv zu halten. Und das hat unsere Heimat wahrlich verdient.
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