Westfalen-Blatt: ein Kommentar zum Arbeitsmarkt
Bielefeld (ots)
Es ist gut, dass sich Hubertus Heil (SPD) so vorausschauend um den Arbeitsmarkt kümmert - und dabei als Blaupause die guten Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008/2009 in sein Gesetzesvorhaben einbezieht. Sein Vorschlag ist aber auch nicht ganz unproblematisch. Als damals den Unternehmen die Aufträge wegbrachen, konnten Massenentlassungen durch das Instrument des Kurzarbeitergeldes vermieden werden. Die Unternehmen sparten einen Teil der Lohnkosten ein und konnten ihre Fachkräfte halten. Das war auch die Basis für den folgenden Aufschwung. Zehn Jahre ist es hierzulande nur bergauf gegangen. Die Wirtschaft brummte. Nun aber bahnt sich eine wirtschaftliche Schwächeperiode an. Handelskrieg, Autokrise, Brexit, Russlandsanktionen - es gibt eine Reihe globaler Ereignisse, die wie Sand im Getriebe einer Maschine wirken. Einige Experten sagen bereits eine Rezession voraus - ein Schrumpfen der Wirtschaft. Das hätte in der Tat fatale Folgen. Das Jobwunder wäre passé. Im Gegenteil: Zehntausende Arbeitnehmer müssten um ihren Job bangen. Das Szenario dürfte zwar nicht mit der Wucht der Finanzkrise vergleichbar sein. Und doch sind die globalen Verflechtungen so stark geworden, dass viele deutsche Unternehmen etwa unter den Folgen der Zollstreitigkeiten zwischen China und den USA leiden. Hinzu kommt der Wandel durch digitale Technologien und ökologische Erfordernisse. Neue Firmen entstehen, alte müssen um ihr Überleben bangen. Hier zeigt sich die Grenze von Heils Arbeitsmarkt-Offensive. Mit seinem »Instrumentenkasten« kann er zwar Symptome einer Wirtschaftsschwäche in Deutschland lindern helfen und den Wandel begleiten - und das ist zu begrüßen. An der Ursache der globalen Krise kann er damit nicht rütteln. Ebenso wäre es gefährlich, durch das Geld der Arbeitsagentur einen Strukturwandel zu verhindern oder hinauszuzögern. Zuviel staatliche Einmischung wäre Gift für notwendige Innovationen. Heils Lösungsideen, sofern sie denn kommen, dürften aber noch einen weiteren Zweck haben: Sie sollen den Sozialdemokraten mehr Wähler bescheren. Die SPD, derzeit ebenfalls in der Krise, will ihren einstigen Ruf als Arbeitnehmerpartei erneuern.
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