Gewaltforscher Zick: "Was in Hanau passiert ist, haben wir 2015 in Paris gesehen"
Bielefeld (ots)
Der Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick von der Universität Bielefeld vergleicht das mutmaßlich rechtsextreme Attentat von Hanau mit den islamistischen Anschlägen von Paris im Jahr 2015. "Die gegenwärtigen Terrorakte von Hanau und Halle haben in Teilen Terroraktionen aus anderen extremistischen Bereichen adaptiert. Die Tat wird nach einer Radikalisierungsphase in Gruppen von einer Person ähnlich verübt, wie wir es aus dem Bereich des islamistischen Terrors kennen. Das, was in Hanau passiert ist, haben wir in Teilen in Paris 2015 gesehen. Der Täter schießt offen und gewissermaßen im Vorbeigehen in eine Bar hinein, wo Menschen sich amüsieren, die dem Feindbild entsprechen", sagte Zick dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Freitagsausgabe).
Neu scheine ihm die öffentliche Inszenierung der Tat. "Ebenso die Selbsthinrichtung und die Hinrichtung der Mutter erscheinen zunächst untypisch für den rechtsextremen Terror." Nach Hanau hält Zick weitere rechtsextremistische Anschläge für möglich: "Diese Terrorakte kommen in Wellen, und wir kennen seit den 1990er Jahren die Wahrscheinlichkeit von Nachahmungstaten. Es leben hier einige hochradikalisierte Personen, die gewaltbereit sind und sicherlich darüber nachdenken, welches Zeichen sie nun setzen können."
Dass der Täter von Hanau als "einsamer Wolf" gehandelt hat, hält Zick für unwahrscheinlich. "Es gibt nach Forschungslage keine einsamen Wölfe. Diese Annahme hat die Analyse von Einzelfällen widerlegt. Es gibt zum Tatzeitpunkt Einzeltäter, aber in der wichtigen Phase ihrer Radikalisierung sind sie vernetzt, haben Gruppen, die sie stärken und Druck ausüben und wesentlich sind für die Radikalisierung. Der Täter in Hanau kommt aus Gruppen, seien es auch nur digitale Gruppen, und er handelt für Gruppen, auch wenn diese so, wie er denkt, nicht existieren. Ebenso hat er ein Unterstützungsnetzwerk, wo er die Ideologien und Waffen beschaffen kann", so Zick weiter.
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