Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Globalisierung
Bielefeld (ots)
Die in ihrer große Masse wohlmeinenden G8-Kritiker werden an diesem Samstag in Rostock erstmals Flagge zeigen. Ob 50000 kommen, wie von den Behörden geschätzt, oder 100000 und mehr, wie von den Veranstaltern behauptet, dabei sind, spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass sie Gelegenheit finden, ihre inhaltliche Botschaft der etwas anderen Sicht der Dinge überzubringen. In Rostock, fernab der am Mittwoch zu erwartenden Blockaden und Polizeieinsätze, werden Christen, Gewerkschafter und Linke gemeinsam für eine bessere Welt ohne die G8 eintreten. Bush, Merkel, Putin und Co. seien weder die UN noch sonst wie legitimiert, heißt es. Die Kritik zielt auf den unterstellten Regelungsanspruch der acht Staaten, die zwei Drittel der Weltwirtschaftsleistung darstellen. Schaut man auf die Forderungen von Attac, Greenpeace und vieler anderer Weltverbesserer, so mündet deren Verlangen in einen Ruf nach einer allmächtigen Weltregierung. Nur sie könnte alle Wünsche erfüllen. Schwergewichte wie China und Indien, aber auch Querschläger wie Nordkorea, Iran und selbst das Kosovo wären kaum anders an die Kandare von Klimaschutz, Menschenrechtspolitik und Gerechtigkeit zu nehmen. Die Vereinten Nationen sind dem Ideal der Wohlmeinenden jedenfalls bis heute nicht nahe gekommen. Wer, wenn nicht die G8, soll dafür sorgen, dass die kapitalistische Erfolgsgeschichte (!) der vergangenen 25 Jahre weitergeht? - Seit 1980 hat sich das Pro-Kopf-Einkommen der Weltbevölkerung verdoppelt. - 450 Millionen Menschen wurden definitiv reicher. - Die Lebenserwartung ist weltweit auf 65 Jahre gestiegen. - Bei Maos Tod lebten 260 Millionen Chinesen von weniger als zwei Dollar am Tag, heute sind es noch 42 Millionen. - Wer hätte in den 70ern erwartet, dass Asien aufblüht? Nur Afrika bleibt Verlierer - trotz Globalisierung, Internet und unglaublicher Milliardenbeträge in die Entwicklungshilfe, über die einmal ganz selbstkritisch nachgedacht werden müsste. Auch nicht die ungerechte, weil ungleiche Entwicklung innerhalb der an den Weltbörsen hoch gehandelten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) bietet ein Gegenargument. Die Alternative ist widerlegt. Alle sozialistischen Großversuche haben Menschen eingesargt und (gleich) klein gehalten. Streng genommen müsste in Rostock und am Zaun von Heiligendamm für die Globalisierung demonstriert werden - zumindest dafür, dass demnächst alle Staaten Kyoto-Protokolle unterschreiben, dass die Welthandelsorganisation bei der nächsten Doha-Runde erhalten statt zerstört wird, und dass auch Deutschland Anti-Korruptionsabkommen unterschreibt wie Handelsbeschränkungen seinerseits aufhebt. Das hieße neben vielen anderen Beispielen, Schluss zu machen mit allen Agrar- und Energiesubventionen. Das zu vertreten, fehlt allerdings den meisten Politikern und Kritikern der Mut.
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