Das Kundenerlebnis macht den Unterschied
Studie von Oliver Wyman zu Fahrzeuginnovationen
München (ots)
- Innovationskraft der Automobilindustrie ist ungebrochen - Kunden messen kostengünstiger Fahrzeugnutzung und Sicherheit nach wie vor größte Bedeutung bei - Autoexperten erwarten nachhaltigen Wandel weg von stetigen Technikinnovationen hin zum ganzheitlichen Kundenerlebnis - Stressfreies Fahren, Komfort über die Fahrzeugnutzung hinaus, Vereinfachung und "No-Frill-Pricing" werden zu wichtigen Differenzierungsfaktoren
Seit jeher zählt die Automobilindustrie zu den innovationsstärksten Branchen. Doch das technisch Machbare allein ist nicht länger Garant für Markterfolg. Mit immer neuen Innovationen in allen Bereichen des Fahrzeugs steigt nicht nur die Komplexität, sondern auch der Preis. Schon heute können die meisten Kunden mit den zahlreichen Modellreihen und technischen Features kaum noch umgehen und sind immer weniger bereit, für ungenutzte Funktionalitäten zu bezahlen. Stattdessen messen sie klassischen Themen wie kostengünstiger Fahrzeugnutzung und Sicherheit nach wie vor größte Bedeutung bei. Automobilexperten erwarten jedoch einen Paradigmenwechsel hin zu einem ganzheitlichen Kundenerlebnis. OEMs sind demnach mehr denn je gefordert, den Kundennutzen schon in der Forschungs- und Entwicklungsphase zu berücksichtigen. Es gilt, Überschaubarkeit und einfache Handhabung von Fahrzeugfunktionen über technische Neuerungen zu stellen und das Pricing konsequent an die Bedürfnisse ihrer Klientel anzupassen. Den großen Unterschied wird jedoch der Kundennutzen machen. Wem es gelingt, ein allumfassendes Kundenerlebnis zu schaffen und zu vermarkten, hat in Zukunft einen klaren Wettbewerbsvorteil. Dies sind Ergebnisse der Oliver Wyman-Studie "Fahrzeuginnovation: Vorfahrt für das Kundenerlebnis".
Weltweit sind Automobilhersteller unvermindert innovativ. Dies zeigen nicht zuletzt die jährlichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Laut Schätzungen von Oliver Wyman beliefen sich diese 2012 in der Automobilindustrie auf mehr als 100 Milliarden Euro. Dies entspricht nahezu dem Bruttoinlandsprodukt von Ungarn. Zu den Gesamtkosten der OEMs steuert der F&E-Bereich heute durchschnittlich vier bis fünf Prozent bei. In den kommenden Jahren wird dieser Anteil weiter steigen.
Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass sich technische Innovationskraft allein in Zukunft für OEMs immer weniger auszahlt. Der Grund: Immer komplexere technische Neuerungen und steigende Funktionalität im Auto stoßen bei Kunden kaum noch auf Gegenliebe. Die Fahrzeuge werden immer teurer, die Bandbreite an Produkten und Features ist kaum mehr zu überblicken und Zusatzoptionen werden oftmals als überflüssig empfunden. Sie bleiben meist ungenutzt, müssen aber vor allem bei Premiumfahrzeugen bezahlt werden. Darüber hinaus ist die Fülle von Modellvarianten mit unterschiedlichster Ausstattung kaum noch überschaubar. Die Konfiguration eines Autos ist längst eine Wissenschaft für sich.
Paradigmenwechsel steht bevor
Die aktuelle Oliver Wyman-Studie zeigt, dass Kunden über alle Fahrzeugsegmente hinweg in puncto Innovationen den klassischen Themen Kraftstoffeffizienz und Sicherheit nach wie vor größte Bedeutung beimessen - dies jedoch nicht aus ökologischen Gründen, sondern vielmehr vor dem Hintergrund der Kosten. So hat für nahezu alle der rund 2.000 befragten Autonutzer in den etablierten Automobilmärkten Europa, USA und Japan/Südkorea eine kostengünstige Fahrzeugnutzung oberste Priorität. Neben dem Kostenaspekt sind für mehr als 60 Prozent Sicherheitsfunktionen wie automatische Gefahrenmeldung oder Bremsassistenten zur Vermeidung von Unfällen wichtig.
Im Gegensatz zur Kundenbefragung spielen diese Themen aus Sicht der befragten OEMs, Automobilzulieferer und Mobility Provider zwar eine wichtige Rolle, sind aber in Zukunft Hygienefaktoren, sprich: absolutes Muss ohne Differenzierungsmöglichkeit. Dafür sehen mehr als 80 Prozent der befragten Automobilexperten die Notwendigkeit, sich bei Fahrzeuginnovationen künftig verstärkt auf das umfassende Kundenerlebnis zu fokussieren. "Die Autobauer erleben den gleichen Paradigmenwechsel wie die Handyhersteller Mitte der letzten Dekade", erklärt Juergen Reiner, Partner bei Oliver Wyman. "Immer kompliziertere und technisch anspruchsvollere Produkte drängten auf den Markt. Doch das Smartphone mit seinem Fokus auf Kundenerlebnis statt technischer Versiertheit veränderte den Mobilfunkmarkt grundlegend. Auch in der Automobilindustrie muss künftig die Faszination des technisch Machbaren klar zugunsten von Kundennutzen und Kundenerlebnis weichen."
Neue Trends für mehr Kundennutzen
Entsprechend wird Fahrzeuginnovation in den kommenden Jahren ganz im Zeichen von vier globalen Trends stehen, die die Kundenbedürfnisse schon in der Forschungs- und Entwicklungsphase verstärkt in den Vordergrund rücken und dem Nutzer ein Gesamterlebnis bescheren, das über das alleinige Fahrerlebnis hinausgeht. Zu diesen Trends zählt zunächst stressfreies und entspanntes Fahren durch Schaffung eines angenehmen Fahrerlebnisses für alle Fahrzeuginsassen. Darüber hinaus gewinnen Features und Services an Bedeutung, die das Auto intermodal in den Alltag der Nutzer einbetten und über die reine Fahrzeugnutzung hinausgehen. Hinzu kommt die nachhaltige Reduzierung von Komplexität, die von den Modellangeboten über die Konfigurationstools bis hin zur Installation und Anwendung der Features reicht. Und schließlich gewinnt "No-Frill-Pricing" an Bedeutung. Der Kunde erhält ein hochwertiges Fahrzeug mit für ihn wichtiger und nützlicher Funktionalität zu einem entsprechenden Preis.
Differenzierungsmöglichkeiten ausloten
Die große Herausforderung für alle OEMs rund um die neuen Trends heißt Differenzierung. "Dabei geht es zunächst einmal um Schnelligkeit", betont Kirsten Patzki, Beraterin bei Oliver Wyman und Leiterin der Studie. "Gerade die Volumenhersteller haben hohen Handlungsdruck durch eine steigende Anzahl von Modellvarianten mit jeweils kleineren Absatzvolumina bei gleichzeitig gestiegenen Kosten. Sie müssen die Trends rasch aufgreifen und umsetzen, um sich ihre Position am Markt nachhaltig zu sichern."
Für alle Automobilhersteller gilt es, ihre Kunden noch besser kennenzulernen und ihr Differenzierungsspektrum innerhalb der Kategorien Komfort, Infotainment, Sicherheit und Effizienz auszuloten. Um technische Neuerungen punktgenauer auf die Bedürfnisse ihrer Klientel auszurichten, müssen diese aus dem Blickwinkel der Kunden überdacht, simpler oder komplett neu gestaltet werden. Entsprechend bieten künftig nicht die Innovationen an sich die Chance zur Differenzierung. Zum Erfolgsfaktor wird vielmehr ihre individuelle Bündelung zu einem einzigartigen Kundenerlebnis mit einfacher Handhabung. Durch die Möglichkeit, die Innovationen flexibel mit den einzelnen Fahrzeugmodellen zu kombinieren, wird Nutzen für jeden einzelnen Kunden geschaffen - vom designverliebten Familienvater bis hin zum sicherheitsorientierten Technikfreund.
Kunden begeistern und an sich binden
Eine weitere Kunst besteht darin, den gesamten Verkaufsprozess kundennaher zu gestalten. Stand in der Vergangenheit die Personalisierung im Vordergrund, muss der Schwerpunkt künftig auf einer emotionaleren Ansprache des Kunden liegen. Zwar machen die OEMs mit ihren Werbespots einen guten Job, doch die Wirkung des vermittelten Kundenerlebnisses verpufft spätestens im Autohaus. Das Verkaufsgespräch erfolgt mithilfe nüchterner Listen, die einzelnen Features sind nicht greifbar, lassen sich oft nicht ausprobieren.
Wichtiger Erfolgsfaktor der Zukunft ist, das Kundenerlebnis der Fahrzeuge allumfassend zu vermarkten. Dies beginnt in dem Moment, da der Kunde sich mit der Anschaffung eines neuen Autos befasst, setzt sich im Verkaufsprozess fort und geht schließlich bis hin zur tatsächlichen Nutzung der Fahrzeugfunktionalität. "Die OEMs haben es selbst in der Hand, den Kunden mit einem exzellenten Erlebnis aus Fahrzeug, Funktionen und Lebensgefühl zu begeistern", so Reiner. "Lohn der Mühen sind zufriedene und loyale Kunden. Autobauer mit einem erstklassigen Kundenerlebnis haben demzufolge einen klaren Wettbewerbsvorteil."
Über die Oliver Wyman-Studie "Fahrzeuginnovation: Vorfahrt für das Kundenerlebnis"
Für die Studie wurden zwischen April und Juli 2013 rund 2.000 Autonutzer in den Automobilmärkten Europa, USA und Japan/Südkorea befragt. Darüber hinaus wurden über 20 Experteninterviews mit Entscheidungsträgern wichtiger OEMs, Zulieferer und Mobilitätsanbieter geführt. Die Kernergebnisse: Während Kunden mit einer evolutionären Weiterentwicklung bestehender Features rechnen, erwarten Autoexperten einen Paradigmenwechsel. Sie erkennen vier große Trends rund um das Kundenerlebnis:
1. Stressminderung, Entspannung und Gesundheit: Stressfreies Fahren mit Fokus auf ein angenehmes Fahrerlebnis für alle Fahrzeuginsassen. 2. Komfort über die Fahrzeugnutzung hinaus: Features und Services, die das Auto intermodal in den Alltag der Nutzer einbetten. 3. Komplexitätsabbau: Umfassende Vereinfachung von der Angebotsstruktur bis hin zur benutzerfreundlichen Bedienbarkeit. 4. "No-Frill-Pricing": Wettbewerbsfähige Fahrzeugpreisgebung mit auf die Kundengruppe zugeschnittener Kombination an Funktionen.
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