Verkaufsaktionen: Auswege aus der Abhängigkeit
Oliver Wyman-Analyse zum Preiswettbewerb im Einzelhandel
München (ots)
Verkaufsaktionen kosten Einzelhändler erheblich mehr als gemeinhin gedacht: Mit zunehmender Zahl steigt der Kannibalisierungsgrad und der Gewinn sinkt. Eine internationale Oliver Wyman-Analyse zeigt: Nur zwei von drei Aktionen fördern überhaupt den Absatz. Noch fällt dem Einzelhandel der Verzicht auf das traditionelle Mittel zur kurzfristigen Ankurbelung des Umsatzes schwer. Doch in sechs Schritten lässt sich die Abhängigkeit überwinden.
"Schnäppchenjagd", "Preisknüller" oder schlicht "Angebot der Woche" - kaum ein größerer Einzelhändler verzichtet auf regelmäßige Aktionen mit wohlklingendem Namen. Aktionswaren machen ein Viertel des Umsatzes im deutschen Lebensmitteleinzelhandel aus - fast 80 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Was die Verbraucher auf den ersten Blick freut, untergräbt auf Dauer die wirtschaftliche Basis des Handels. Denn eine Steigerung der Teilnahme an Aktionen um zehn Prozentpunkte reduziert dessen knapp kalkulierten Gewinn um einen ganzen Prozentpunkt. Erstmals hat die Strategieberatung Oliver Wyman nun in einer globalen Analyse untersucht, wie Aktionen insgesamt wirken und hat zahlreiche Mythen widerlegt. So stabilisieren Aktionen weder auf Dauer den Absatz noch erhöhen sie die Ausgabebereitschaft der Konsumenten. Sirko Siemssen, Partner und Handelsexperte bei Oliver Wyman, warnt daher: "Aktionen sind die Droge des Einzelhandels. Sie wirken kurzfristig, doch mit zunehmendem Gebrauch wächst die Abhängigkeit und der Entzug wird immer schwieriger. Nach längerem Missbrauch beginnt die Droge, das System zu zerstören."
Der Analyse zufolge gehen viele Einzelhändler davon aus, mit Sonderaktionen den Absatz des rabattierten Artikels um ein Vielfaches erhöhen zu können. In Wahrheit verdoppelt er sich nur. Die Verbraucher kaufen gezielt Aktionsware und erhöhen nicht wie erhofft ihre Gesamtausgaben. Die Elastizität von Aktionen sinkt; der Kannibalisierungsgrad stieg in den vergangenen zehn Jahren um 20 Prozent. Ein Drittel aller Aktionen fördert inzwischen überhaupt nicht mehr den Absatz sondern reduziert nur den Gewinn vor Lieferantenfinanzierung.
Aktionen fördern Konsum stark zuckerhaltiger Produkte
Auch für Verbraucher hat der Siegeszug der Aktionen eine Schattenseite. Gemäß der internationalen Untersuchung von Oliver Wyman sind Warengruppen mit überdurchschnittlichem Zuckergehalt zweimal so häufig Bestandteil von Aktionsprogrammen wie andere. Der Konsum stark zuckerhaltiger Produkte steigt infolge von Aktionen um 60 Prozent - und das in einer Zeit, in der sich Politik und Gesellschaft immer stärker mit den negativen Folgen ungesunder Ernährung beschäftigen.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt Rainer Münch, Partner bei Oliver Wyman, eine Umkehr: "Einzelhändler können die Abhängigkeit von Aktionen überwinden. Wenn sie es richtig anpacken, verbessern sie so ihr Preis-Leistungs-Verhältnis und verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil. Damit verhindern sie Absatzrückgänge, reduzieren ihre Kosten und die Komplexität des Betriebs." Der Berater schlägt ein sechsstufiges Vorgehen vor. Zu Beginn gehe es darum, zum einen den Stellenwert von Aktionen im Rahmen des Gesamtangebots sowie zum anderen deren tatsächlichen Nutzen für das operative Geschäft zu verstehen. Häufig zeige sich bereits an dieser Stelle, dass Kannibalisierung, Bevorratungs- und Verbundeffekte die positive Wirkung des Umsatzanstiegs und der Lieferantenfinanzierung zunichtemachen.
Datenbasierte Entscheidungen treffen
Dieses Wissen versetzt Einzelhändler in die Lage, ihr Aktionsprogramm zu straffen und alternative Wege auszuloten. So eignen sich Dauerniedrigpreise beispielsweise für Warengruppen mit bislang hohen Teilnahmequoten bei Aktionen und einer Lieferantenfinanzierung in Höhe von mehr als 80 Prozent der Rabatte. Dauerhaft stabile Preise lassen sich nur in Verhandlungen mit Lieferanten erreichen; nach Erfahrungen der Berater sind viele mittlerweile offen für neuartige Kooperationsmodelle. Parallel können Einzelhändler mit verstärkten Investitionen in digitale Technologien ihre analytische Kompetenz verbessern und so die Genauigkeit von Prognosen bei Aktionen erhöhen. Branchenexperte Siemssen erklärt: "Die Überwindung der Abhängigkeit von Aktionen ist alles andere als einfach. Doch sie ist möglich, wenn Unternehmen systematisch einem datenbasierten Ansatz folgen."
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