2. DEKRA Symposium Ladungssicherung im Straßengüterverkehr: Transportqualität wird zum Wettbewerbsvorteil
Neumünster (ots)
Aktuelle Fragen der Ladungssicherung im Gütertransport standen im Mittelpunkt des 2. DEKRA Symposiums "Ladungssicherung im Straßenverkehr", das am 30. und 31. Oktober 2001 in Neumünster (Schleswig-Holstein) von der DEKRA Unfallforschung in Kooperation mit der VDI-Gesellschaft Fördertechnik, Materialfluss, Logistik ausgerichtet wurde. In fünf Sessions mit 18 hochkarätigen Fachreferaten informierten sich mehr als 200 Teilnehmer aus Transportwirtschaft, Verwaltung, Forschung und Lehre über die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Ladungssicherung. Eine Ausstellung und praktische Demonstrationen auf dem Testgelände des DEKRA Crashzentrums unterstrichen den Praxisbezug der Veranstaltung.
Akzeptanz der Ladungssicherung steigt
"Für alle Personen die sich mit den Themen der Ladungssicherung beschäftigen, bietet das DEKRA Symposium ein Forum, um neueste Erkenntnisse vorzustellen und zu diskutieren. Standen früher Grundsatzfragen zum Wo, Wie und Warum' der Ladungssicherung im Vordergrund, gehen die Diskussionen in den Fachkreisen heute immer weiter ins Detail", erklärte F. Alexander Berg, Leiter der DEKRA Unfallforschung. Tansportspezifische Anforderungen an die Sicherung von unterschiedlichen Ladungen und Verladungsarten werden derzeit in praxisgerechte Lösungen umgesetzt. "Immer mehr Verlader und Transporteure akzeptieren heute den notwendigen Aufwand, der für eine angemessene Ladungssicherung erforderlich ist. Denn darin sehen sie mittlerweile", so Berg weiter, "ein Element der Transportqualität, mit dem sie sich vom Wettbewerb abheben können."
Produktbezogene Ladungssicherung im Mittelpunkt
Professor Dr.-Ing. habil. Kurt Rößner, Mitglied der Geschäftsleitung der DEKRA Automobil GmbH, würdigte die Anstrengungen der Industrie auf dem Gebiet der Ladungssicherung, die viel getan habe, um Wissenslücken systematisch zu schließen und potenzielle Gefahren zu verringern. Als Beispiele nannte er die Ermittlung von Reibwerten sowie Untersuchungen der Belastbarkeit von Ladebordwänden und Planen, die verstärkt in das System der Ladungssicherung einbezogen werden können. Die produktbezogene Ladungssicherung rücke auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mehr und mehr in den Mittelpunkt. Forschungsbedarf bestehe aber weiterhin, so Prof. Rößner, in Bezug auf die Bedeutung mangelnder Ladungssicherung im gesamten Unfall- und Schadengeschehen. Dieses spiele sich nicht allein auf den Straßen ab, sondern müsse auch unter Aspekten des Arbeitsschutzes gesehen werden. Weiterhin sei die zielgruppengerechte Schulung des gesamten Personals der Transportkette eine wichtige Aufgabe der Zukunft.
Ladungssicherung wird oft auf den Fahrer abgewälzt
Das unterstreichen auch die Untersuchungen der Berufsgenossenschaften und der Versicherungswirtschaft. Bei Verkehrskontrollen durch besonders geschulte Polizeibeamte im Zeitraum von 1994 bis 2001 waren bis zu 74 Prozent aller Ladungen auf Lkw nicht oder nur unzureichend gesichert, erläuterte Uwe-Peter Schieder vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Den jährlichen Schaden rechnet er auf rund 525 Millionen Euro hoch. Von einem hohen Maß an Unwissenheit in punkto Ladungssicherung bei fast allen Beteiligten berichtete Alfred Lampen, Autobahnpolizei Oldenburg. Allzu oft werde das Problem auf den Fahrer abgewälzt. In der amtlichen Statistik allerdings ist die Unfallursache "unzureichende Ladungssicherung" erheblich unterrepräsentiert, betonte Martin Kugele, Experte für Ladungssicherung bei der DEKRA Unfallanalyse in Stuttgart. Wegen fehlender Sachkenntnis werde mangelnde Ladungssicherung als mögliche Ursache häufig übersehen. Sie sei im Güterverkehr sechsmal häufiger Ursache eines Unfall als bei allen Fahrzeugen.
Weiterentwicklung der Vorschriften und Richtlinien
Die Fortschritte bei der Weiterentwicklung von Vorschriften und Richtlinien sind indes nicht zu übersehen. Der im September veröffentlichte Entwurf der Richtlinie VDI 2700 "Ladungssicherung an Straßenfahrzeugen" spiegelt umfassender den je die gültigen "anerkannten Regeln der Technik" wieder. Aktualisiert wurden laut Volker Kirsten vom Verein Deutscher Ingenieure Darstellungen der Verantwortlichkeit, die Anforderungen an Zurrpunkte, die Festigkeit von Fahrzeugaufbauten und die Reibbeiwerte. Messfahrten der Deutschen Papierindustrie bestätigten erneut die Praxistauglichkeit der in der VDI-Richtlinie genannten Beschleunigungs-Annahmen. Da die Gleitreibbeiwerte von Papierrollen die geforderten Werte auf den Ladeflächen meist nicht erreichen, sind rutschhemmende Materialien und formschlüssige Beladung erforderlich. Der Transport von "paketierfähigen" Betonsteinen setzt ebenfalls auf eine Kombination aus Formschluss und kraftschlüssiger Sicherung durch Niederzurren.
"Führerschein" für Ladungssicherung
Eine deutliche Verbesserung der Qualifikation der Betroffenen erwarten die Experten von der Einführung einer verbindlichen Ausbildung. Die VDI 2700a verlangt vom Jahr 2002 an von allen mit der Ladungssicherung befassten Personen den "Ausbildungsnachweis Ladungssicherung". Dieser "Ladungssicherungs-Führerschein" biete die Basis für die Einbindung der Ladungssicherung in das Qualitätsmanagement-System des Betriebes, hob Rudolf Sander, Ausbildungsleiter der DEKRA Akademie Augsburg, hervor. Das Ausbildungsprogramm, das Fahrversuche einschließt, müsse sich an der Situation des einzelnen Betriebes orientieren und die Teilnehmer in die Erarbeitung praktischer Lösungsvorschläge einbeziehen. Auf die Praktiker im Tagesgeschäft zugeschnitten sind auch verschiedene Praxishandbücher, die zum Thema Ladungssicherung erarbeitet wurden.
Neue Reibwerte ermittelt
Trotz aller Fortschritte sieht Professor Gerhard Großmann, TUL-Log GmbH Dresden, noch immer Lücken im Regelwerk der Ladungssicherung: Es fehlen Angaben über zulässige Freiräume beim Stauen, über die Belastbarkeit von Transportverpackungen und Sicherungen, sowie ein durchgängiges Verzeichnis der Reibungszahlen. Sein Unternehmen ermittelt deshalb im Auftrag der BGF die µ-Werte für Ladeflächen, Ladungsträger und Transportverpackungen. Das Fraunhofer Institut Materialfluss und Logistik wiederum hat die Reibzahlen von gestapelten Betonteilen auf Ladeflächen, Stahlrahmen und Holzbalken erarbeitet. Sie wurden auf dem Symposium diskutiert.
DEKRA Siegel für Ladungssicherung
Aufgrund des speziellen Verhaltens mancher Güter, Fahrzeugaufbauten und Ladungssicherungseinheiten ist eine rein rechnerische Bestimmung der Ladungssicherungskräfte oft nicht möglich. Erst Versuche zum Verhalten bestimmter Ladungsarten und Sicherungsmittel ermöglichen es, die Eignung des festen und beweglichen Fahrzeugaufbaus zur formschlüssigen Ladungssicherung nachzuweisen. Ein Expertenteam der DEKRA Niederlassung Bielefeld unter Leitung von Wolfgang Bühren entwickelte ein Anforderungsprofil für Fahrversuche auf Basis der VDI-Richtlinie 2700. Aufbauten, die den Test erfolgreich absolvieren, werden mit dem DEKRA Ladungssicherungssiegel ausgezeichnet.
Papierrollen kippen schneller als errechnet
Wie wichtig es ist, Berechnungen durch praktische Versuche zu überprüfen, zeigen auch Messungen des Fraunhofer-Instituts Materialfluss und Logistik zur Kippgefahr von Papierrollen und Altpapierballen. Die erforderliche reale Kippkraft war um bis zu 50 Prozent geringer als zuvor berechnet. Eine Hilfe für den Praktiker bieten neue, leicht anzuwendende Nomogramme, an denen für jeden Rollendurchmesser die Rollenbreite abgelesen werden kann, welche den kippgefährdeten Bereich kennzeichnet. Verringert sich an niedergezurrter Ladung die Vorspannkraft durch Reibung zwischen Zurrgurt und Ladung, kann ein mobiler Vorspann-Anzeiger zur Überprüfung der Vorspannkräfte gute Dienste leisten, erklärte Uwe Schöbel, Dolezych GmbH Dortmund.
Betriebe nehmen Ladungssicherung ernst
In der Betriebspraxis gewinnt das Thema Ladungssicherung weiter an Bedeutung. Die DaimlerChrysler AG (DC) zum Beispiel verlangt von allen Frachtführern, Fahrzeughaltern, Disponenten, Spediteuren und Absendern verbindlich, beim Transport von DC-Ladungsträgern die konzerneigene Ladungssicherungs-Richtlinie DCE 9.5 einzuhalten. Die Grundlagen dieser Richtlinie wurden von den Ladungssicherungsexperten der DEKRA aus Stuttgart und Bielefeld in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Fachleuten des Unternehmens in umfangreichen Fahrversuchen im DEKRA Crashzentrum Neumünster erarbeitet.
Einen hohen Stellenwert besitzt die Ladungssicherung auch im Gefahrguttransport, nicht zuletzt aufgrund der spezifischen Gefahren des Ladeguts, erläuterte der Sachverständige Rolf Dänekas. Die Bahn wiederum sieht im sicheren Transport des wachsenden Volumens von Papierrollen eine große Herausforderung. Als Lösung dieses Problems stellte die DB Cargo einen universell einsetzbaren Wechselbehälter mit integrierter Ladungssicherung vor.
Die DEKRA Automobil GmbH ist mit rund 1,18 Milliarden DM der größte von neun eigenständigen und ergebnisverantwortlichen Geschäftsbereichen unter dem strategischen Dach der DEKRA AG, Stuttgart. Der DEKRA-Konzern ist ein europaweit tätiges Dienstleistungsunternehmen, das sich für Sicherheit und Qualität der Menschen im Umgang mit Technik, Umwelt und Mobilität engagiert. Die rund 33 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften bieten qualifizierte Dienstleistungen wie Fahrzeugprüfungen, Gutachten, Technische Sicherheit, Qualifizierung, Fleetservices, Full Service Leasing, Umweltdienste, Materialprüfung, Bauconsulting, Zertifizierung und Online-Services. Mit rund 18 Millionen Hauptuntersuchungen pro Jahr ist DEKRA auf dem Gebiet der Kfz-Prüfung die Nummer eins in Europa. DEKRA beschäftigt rund 9.200 Mitarbeiter, der Umsatz beträgt mehr als 1,7 Milliarden DM.
DEKRA Automobil GmbH Kontakt Norbert Kühnl Tel: 0711/7861-2512 Fax: 0711/7861-2700 E-Mail: norbert.kuehnl@dekra.de
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