Neue Presse Hannover: Bodenhaftung verloren Ein Kommentar von Petra Rückerl
Hannover (ots)
Fast könnte Christian Wulff einem leidtun. Kein Parteikollege, der sich überzeugend für den Bundespräsidenten in die Bresche wirft. Kein noch so konservativer Kommentator, der den Mann nicht kritisiert. Die Wettanbieter senken den Daumen für einen Verbleib Wulffs im Amt. Es scheint einsam um den Niedersachsen zu sein. Ja, Christian Wulff könnte einem wirklich leidtun, wäre er nicht selbst schuld an seinem Schicksal. Der Osnabrücker steht da wie der Herrscher im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Edle Werte wie Anstand und Moral trug er - zuweilen wie eine Monstranz - vor sich her. Glaubwürdigkeit war sein größtes Gut, seine Eintrittskarte ins höchste Amt des Staates. Was ist davon geblieben? Ein Mann, der sich blenden ließ von seinen reichen "Freunden", sich in ihrem Glanz sonnte, von ihrer Großzügigkeit profitierte. Einer, dem die Bodenhaftung verloren ging - wenn er sie nicht schon vorher nur zur Schau getragen hatte. Ein Mann, dem womöglich das moralische Korrektiv fehlt. Selbst stellte er offenbar nicht in Frage, ob gewisse Vergünstigungen, Einladungen und Gefälligkeiten in seinen Ämtern angemessen sein würden. Nach dem Erwischtwerden die zerknirschte Miene zu zeigen und Besserung zu versprechen, zieht irgendwann nicht mehr. Und Drohungen gegen die Presse auch nicht. Christian Wulff wird von seinem Amt nicht mehr geschützt. Er hat sich angreifbar gemacht und wird nun attackiert. Doch nicht die Attacken beschädigen das Amt, sondern der Amtsinhaber selbst befleckt diesen höchsten Job im Staat.
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