Das Erste: "Menschen bei Maischberger" am Dienstag, 14. Oktober 2014, um 22.45 Uhr
München (ots)
Das Thema:
Grausam, heimtückisch, habgierig - Wer ist Mörder, wer Totschläger?"
Mordlust, Habgier oder niedrige Beweggründe, heimtückisch oder grausam: Mit solchen durchaus vagen Kriterien unterscheidet das Strafgesetzbuch Mörder von Totschlägern und in der Folge zwischen lebenslanger Freiheits- oder einer Haftstrafe von 5 bis 15 Jahren. In der Praxis aber ist der Unterschied für die Richter oft nicht genau zu ziehen, glauben Kritiker und wollen den bisherigen Mordparagrafen abschaffen. Welche Folgen hätte eine solche Reform? Wird damit "Lebenslänglich" als Strafe gestrichen? Kommen Mörder künftig zu leicht davon?
Gäste Heiko Maas (SPD, Bundesjustizminister) Karl-Dieter Möller (Rechtsexperte) Ernst-August und Matthias Wehrmann (Vater und Bruder eines Tötungsopfers) Dana Rudersdorf (Ehemann wollte sie ermorden) Salome Saremi-Strogusch (Bruder wurde Opfer von Gewalttätern) Prof. Dr. Helmut Kury (Kriminologe und Gerichtsgutachter) Heiko Maas, SPD "Was ist der Unterschied zwischen Mord und Totschlag? Die allermeisten werden antworten: Mord - das ist die überlegte, vorsätzliche Tötung, Totschlag - das ist Tötung im Affekt. Aber so ist es nicht", kritisiert der Bundesjustizminister. Die Regelung im Gesetzbuch sei seit über 70 Jahren eine andere. Der Mordparagraf, der noch aus der NS-Zeit stamme, beschreibe nicht die Tat, sondern einen Menschentypus mit "moralisch aufgeladenen Gesinnungsmerkmalen". Das müsse dringend geändert werden, sagt Heiko Maas. Karl-Dieter Möller Der Fernsehjournalist sieht die geplante Abschaffung des Mordparagrafen kritisch. "Es gibt eigentlich keinen Grund dafür. Wir sind 60 Jahre immer gut mit der jetzigen Regelung gefahren", sagt der langjährige ARD-Rechtsexperte, der viele spektakuläre Mordprozesse begleitet hat. "Die Richter haben im Großen und Ganzen immer einen Weg gefunden, vernünftige Urteile zu fällen - auch wenn es kompliziert war", sagt der gelernte Jurist. Eine Reform würde wahrscheinlich dazu führen, dass es für Richter viel schwerer werde, eine lebenslängliche Strafe zu verhängen. Ernst-August und Matthias Wehrmann Die Tat rüttelte im Sommer 2013 die Nordsee-Insel Juist auf: Die 23-jährige Studentin Alexandra Wehrmann war nach einem Diskobesuch am Strand gewaltsam ums Leben gekommen. Der Täter hatte sie verprügelt, gewürgt und schließlich im Sand vergraben. 7 Jahre und 9 Monate Haft wegen Totschlags, so das Urteil des Landgerichts Aurich. "Wir haben den Glauben an die Justiz verloren", beklagt Familie Wehrmann. Sie sieht eindeutige Hinweise auf Mord und fordert für den Täter "Lebenslänglich". Die Familie ging in Revision. Dana Rudersdorf Die Krankenpflegerin kämpft bis heute mit den Folgen eines Mordversuchs. Als sie sich im letzten Jahr von ihrem Ehemann trennte, übergoss der 51-Jährige sie vor den Augen ihres Sohnes mit Benzin und beschoss sie mit einer Leuchtrakete. Dana Rudersdorf fing am ganzen Körper Feuer, rettete sich durch einen Sprung in den Gartenteich. Nur so überlebte die 37-Jährige das Attentat - mit schwersten Brandverletzungen. Ihr Ex-Mann wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Salome Saremi-Strogusch Eine Nacht im September 2008 veränderte das Leben der Stewardess. Ihr Bruder hatte sich in einer Disco schützend vor ein Pärchen gestellt, das von vier jungen Männern bedroht wurde. Anschließend lauerten sie ihm vor der Tür auf, schlugen und traten den Studenten bewusstlos. Dann ließen sie ihn auf der Straße liegen. Wenig später überrollte ihn ein Taxi. Salome Saremi-Stroguschs Bruder starb. Drei Täter wurden 2009 wegen schwerer Körperverletzung zu Haftstrafen von drei bis sechs Jahren verurteilt. Ein Beschuldigter ist weiter flüchtig. "Mein Bruder ist tot. Ihm ist keine Gerechtigkeit widerfahren. Einer der Täter ist bereits wieder frei", sagt die Mutter von zwei Kindern, die einen Verein für Toleranz und Zivilcourage gegründet hat. Prof. Dr. Helmut Kury Was macht einen Menschen zum Mörder? Seit rund 40 Jahren begutachtet der Psychologe Gewaltverbrecher wie den früheren RAF-Terroristen Christian Klar. Auch wenn ihn immer noch schockiert, welche grausamen Taten Menschen begehen können: Auf den zweiten Blick finde man immer die Beweggründe und Ursachen grausamen Verhaltens, sagt Helmut Kury. "Mörder waren in ihrer Kindheit oft selbst Opfer. Das entschuldigt ihre Tat nicht, erklärt sie aber." Das sei wichtig, um zukünftige Taten zu verhindern. In der Frage des Strafmasses fordert der Gutachter: "Weniger Strafe, mehr Therapie! Denn hohe Strafen bei Tötungsdelikten bewirken überhaupt nichts."
Redaktion: Klaus-Michael Heinz
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