"Menschen bei Maischberger" am Dienstag, 31. März 2015, um 22:45 Uhr
München (ots)
Das Thema:
Das Erbe von 1945: Deutsche Schuld, deutsche Opfer
Es ist 2015 das wichtigste historische Datum: Vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, der 70 Millionen Menschen das Leben kostete. Lange sei es keine Selbstverständlichkeit gewesen, deutsche Opfer zu benennen, sagt Miriam Gebhardt. Die Historikerin erregte Aufsehen mit ihrer jüngsten Studie über Frauen, die nach Kriegsende von Soldaten vergewaltigt wurden. Wird das Andenken der von Deutschen Ermordeten dadurch herabgesetzt? Wollen wir nur zu gerne von der eigenen Schuld ablenken? Oder ist es an der Zeit, auch endlich die eigenen Opfer angemessen zu würdigen?
Gäste:
Erhard Eppler (SPD-Politiker) Nico Hofmann (Filmproduzent) Guido Knopp (Historiker und Fernsehmoderator) Elfriede Seltenheim (Rentnerin) Niklas Frank (Journalist und Autor) Miriam Gebhardt (Historikerin)
Erhard Eppler
Von 1943-1945 leistete er Kriegsdienst als Flakhelfer, beim Reichsarbeitsdienst und beim Heer als Panzerjäger. Erhard Eppler meldete sich selbst als Offiziersanwärter bei der Wehrmacht, um der Waffen-SS zu entgehen. "Wir sind in den NS-Staat hineingewachsen, wussten nicht, was vorher war, was Demokratie, freie Wahlen oder Menschenrechte seien, und konnten uns etwas ganz und gar anderes nicht vorstellen", sagt der heute 88-Jährige: "Ich glaube, ich bin in diesem Krieg nicht sonderlich schuldig geworden. Aber ich schäme mich darüber, dass ich bis zum Schluss jedem Befehl gehorcht habe."
Nico Hofmann
"Das Leben meines Vaters war Grundlage für 'Unsere Mütter, unsere Väter'", sagt der erfolgreichste deutsche Fernsehproduzent, der mit dem preisgekrönten Weltkriegsepos eine Debatte über deutsche Täter und Opfer im In- und Ausland hervorrief. Mit seiner Produktion "Nackt unter Wölfen" (1. April 20.15 Uhr im "Ersten") zeige zum ersten Mal nach Jahrzehnten ein deutscher Film das Innenleben eines Konzentrationslagers, sagt Nico Hofmann. Es ist die Geschichte eines dreijährigen Jungen, der in Buchenwald von KZ-Häftlingen versteckt und gerettet wird.
Guido Knopp
"Schuld ist nie kollektiv, sondern immer individuell. Statt einer Kollektivschuld hat vor allem die Nachkriegsgeneration eine Kollektivverantwortung, gegen das Verdrängen, für das Erinnern", sagt der frühere ZDF-"Chefhistoriker", der sich seit vielen Jahren filmisch und publizistisch mit dem 3. Reich ("Hitlers Helfer") und dem 2. Weltkrieg beschäftigt ("Der Jahrhundertkrieg"). "Hitler, Himmler und Auschwitz gehören zur deutschen Geschichte wie Goethe, Beethoven und Weimar", betont der "Geschichtslehrer der Nation".
Elfriede Seltenheim
Über 50 Jahre lang schwieg die 84-Jährige über das Erlebte, weil sie sich zu sehr schämte. Selbst mit ihrem Ehemann sprach sie nicht darüber. Wie tausende andere Frauen wurde Elfriede Seltenheim nach der Befreiung durch die Alliierten Opfer einer Vergewaltigung. Sie war damals 14 Jahre alt. "Es macht mich traurig, dass über die Frauen als Kriegsopfer so wenig gesprochen wird", sagt die Rentnerin heute.
Niklas Frank
"Mein Vater, der Nazimörder": Die schonungslose Abrechnung mit seinem Vater im "Stern" löste Ende der achtziger Jahre heftige Reaktionen aus. Hans Frank, 1939 von Hitler als Generalgouverneur des besetzten Polens eingesetzt, wurde mitverantwortlich für die Ermordung von Millionen Juden. "Ich bin glücklich, dass mein Vater nach Kriegsende gehenkt wurde", sagt sein Sohn Niklas Frank. Sein Urteil über die nach 1945 Geborenen fällt düster aus: "Die Nazis von damals haben ihre Einstellung an die folgenden Generationen weiter verfüttert. Wir sind ein Volk ohne Empathie. Wenn es uns wirtschaftlich einmal nicht mehr so gut gehen sollte, würden wir sofort in alte Ressentiments verfallen."
Miriam Gebhardt
"Bis zu 860.000 Frauen sind am Ende des Zweiten Weltkrieges von Besatzungssoldaten in Deutschland vergewaltigt worden", sagt die Historikerin. Lange sei es ein Tabu gewesen, darüber zu sprechen. Es habe kein Mitgefühl mit den Opfern gegeben. In ihrem Buch "Als die Soldaten kamen - Die Vergewaltigung deutscher Frauen am Ende des Zweiten Weltkrieges" kommt Miriam Gebhardt zu dem Schluss, dass es nicht allein "die Russen" gewesen seien, die den Frauen brutal Gewalt antaten, sondern auch Soldaten der westlichen Alliierten.
Redaktion: Klaus Michael Heinz (WDR)
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