ARD Forum Sport 2018: WM - EM - Olympia Sportliche Großereignisse zwischen Faszination und Ablehnung
München (ots)
Zum sechsten Mal seit 2013 tagte heute, am 5. Juni 2018, das ARD Forum Sport, in diesem Jahr beim Südwestrundfunk in Baden-Baden. Thema der Diskussion war die Betrachtung sportlicher Großereignisse wie Fußball-Welt- und Europameisterschaften, Olympische Spiele und neuartige Projekte wie die European Championships, die im August 2018 erstmalig stattfinden. Beleuchtet wurden in den Gesprächen und Diskussionen die unterschiedlichen Facetten dieser Großereignisse. Auf der einen Seite begeistern sie die Menschen vor Ort, die Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen und können ein Gemeinschaftsgefühl hervorrufen wie kaum ein anderes Ereignis. Auf der anderen Seite gehen mit ihnen Korruption, Misswirtschaft, Menschenrechtsverletzungen, Doping und vieles mehr einher.
Diskutiert haben auf dem ARD Forum Sport Susanne Aigner-Drews (Geschäftsführerin Discovery Networks Deutschland), die Turnerin Tabea Alt, Axel Balkausky (ARD-Sportkoordinator), Dr. Friedrich Curtius (DFB-Generalsekretär), der Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel, Britta Heidemann (IOC-Athletenkommission), ARD-Fußball-Experte Thomas Hitzlsperger, Alfons Hörmann (DOSB-Präsident), Siegfried Kaidel (Präsident des DRV), Christian Mihr (Geschäftsführer Reporter ohne Grenzen), Eventmanager Michael Mronz, Thomas Weikert (ITTF-Präsident), Sylvia Schenk (Transparency International), der Journalist Jörg Schmitt (SPIEGEL), ARD-Doping-Experte Hajo Seppelt und die Journalistin Evi Simeoni von der FAZ.
Olympische Spiele aus Sicht der Sportler
Tabea Alt: "Bei Olympia ist einzigartig, was man als Sportler und im Team erlebt. Der Zusammenhalt und der respektvolle Umgang miteinander ist das Schönste. In Rio haben wir von Protesten im Land nichts mitbekommen."
Britta Heidemann: "Das Olympische Dorf ist für mich ein Schlaraffenland. Ein toller Mix, man trifft Sportler aus der ganzen Welt. Die meisten Sportler machen dabei ihre Sportart und wissen gar nicht, was das IOC alles macht. Mir war zum Beispiel gar nicht bewusst, wie viel Geld in die globale Sportentwicklungsstruktur geht. Das IOC ist sogar vergleichsweise großzügig mit der Verteilung und Rückführung der Gelder in die Sportstruktur. Die Aufklärung darüber ist besonders wichtig."
Vergabeprozessen bei Sport-Großereignissen
Jörg Schmitt: "Das Grundproblem sind die nationalen und internationalen Verbände. Weder bei der FIFA noch beim DFB hat sich irgendetwas gebessert, Verbände werden teilweise geführt wie Dorfgemeinschaften. Besonders im Fußball-Bereich ist das öffentliche Interesse groß, trotzdem sollte man meiner Meinung nach mehr hinterfragen, wo das Geld herkommt, das Oligarchen oder Scheichs in europäischen Fußball investieren. Die Erneuerung der Verbände funktioniert nur, wenn die Neuen nicht immer aus dem System kommen."
Sylvia Schenk: "Ich würde nie darüber spekulieren, dass in einem Fall Korruption stattgefunden hat, wenn es keine Fakten dazu gibt. Das Hauptproblem sind meiner Ansicht nach nicht die Verbände, sondern die oft viel zu enge Verknüpfung von politischen mit sportlichen Funktionen, die leider in anderen Ländern oft üblich ist und nur zu Korruption führen kann. Große Sportveranstaltungen können Anstöße geben. Wenn man sich zum Bespiel die Entwicklung in Katar anguckt, sind große Fortschritte in dem Bereich des Arbeitsrechts zu verzeichnen."
European Championships 2018
Alfons Hörmann: "Die European Championships sind eine hervorragende Idee. Seit Jahren überlegen die Verantwortlichen, wie man das so erfolgreiche Wintersport-Konzept auf den Sommer übertragen kann. Es wäre toll, wenn der Ansatz Erfolg hätte."
Siegried Kaidel: "Für uns ist es ein sehr wichtiges Projekt. Unsere Sportarten werden normalerweise eher selten gezeigt, doch TV-Präsenz ist für uns sehr wichtig. Sportliche Großereignisse sorgen dafür, dass sich mehr Menschen für unseren Sport interessieren. Bei uns merkt man das immer an einem erkennbaren Mitgliederzuwachs nach Olympischen Spielen."
FIFA Fußball-WM in Russland
Hajo Seppelt: "Ob ich nach Russland fahren werde, steht noch nicht fest. Fest steht, dass die Aggression, die von russischer Seite insbesondere aus dem Netz gegen mich kam, eine ganz andere Qualität hat als die Reaktionen, die ich früher auf meine Berichterstattung bekommen habe. Wie das IOC mit der ganzen Thematik Russland umgegangen ist, dafür muss man sich schämen. Es ist eine Bankrotterklärung für das Doping-Kontrollsystem und den Sport."
Christian Mihr: "Bei der Tätigkeit von uns Journalisten in Russland schätze ich insbesondere die Gefahren für unsere Quellen vor Ort, mit denen wir eng zusammenarbeiten, sehr viel höher ein, als für uns Journalisten selbst. Ich glaube nicht, dass Putin deutsche Reporter systematisch in Haft nehmen würde. Sportler und Sportfunktionäre können aber meines Erachtens im Rahmen von Großereignissen Einfluss auf individuelle Schicksale von Journalisten nehmen."
Bewerbung um künftige Sportgroßereignisse mit einem Blick in die Zukunft
Michael Mronz: "Der Ansatz unseres Konzept für die Rhein-Ruhr-Bewerbung um die Olympischen Spiele 2032 ist ein ganz anderer als in Hamburg oder München. Wir wollen andere Themen in den Vordergrund stellen wie vernetzte Mobilität, Digitalisierung, die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Zukunft. Die Rhein-Ruhr-Region bietet eine sehr gute Kosten-Nutzen-Relation, da die meisten Sportstätten bereits vorhanden sind. Die Gespräche mit den Kommunen sind für uns das Wichtigste, es funktioniert nur zusammen, das haben wir aus 2012 gelernt."
Dr. Friedrich Curtius: "Die Bewerbung um die EM 2024 ist für uns ein großes Thema, aber ist natürlich auch nicht einfach umzusetzen. Die Anforderungen von der UEFA umfassen verschiedene Verpflichtungen und Regierungsgarantien. Den entsprechenden Abstimmungs-Prozess haben wir von Anfang an transparent mit der Bundesregierung geführt, um am Ende unser Angebot bei der UEFA vorzulegen."
Thomas Weikert: "Der Zuspruch für Fußball-Großveranstaltungen ist naturgemäß höher als für andere Sportarten. Es wäre nur schön, wenn es diesen Rückhalt auch für andere internationale Sportereignisse in Deutschland gäbe, zum Beispiel auch was Steuererleichterungen betrifft - und das ist leider nicht so. Die manchmal fehlende Unterstützung für andere Sportarten durch die Bundesregierung ist teilweise respektlos."
Alfons Hörmann: "Über fehlende Unterstützung durch die aktuelle Bundesregierung können wir uns derzeit seitens des DOSB meiner Ansicht nach nicht beklagen. In Pyeongchang war der Bundespräsident vor Ort, auch der damalige Innenminister Thomas de Maizière. Und das war wichtig, damit die Sportlerinnen und Sportler die Anerkennung in der Öffentlichkeit bekommen, die sie verdienen. Wir gehen mit dem DOSB darüber hinaus verschiedene Themen an, die ein gewisses Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Sportarten betreffen, aber ganz vermeiden wird man diese auch in Zukunft nicht können."
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